Ein Menü von Roland Trettl im Stoi bei Lucki Maurer

Ein Menü von Roland Trettl im Stoi bei Lucki Maurer

4. Februar 2018

Tief im Bayerischen Wald in einer Senke liegt Schergengrub, bestehend aus einigen Höfen, die verteilt über die hügelige Landschaft in Sichtweite voneinander liegen. Es gehört schon Mut dazu, dort, wo sich Fuchs und Has’ sprichwörtlich gute Nacht sagen, einen Gourmet-Tempel zu eröffnen.

Lucki Maurer übernahm vor einigen Jahren den elterlichen Hof, baute eine Wagyu-Zucht auf und baute die alten Stallungen zu einem rustikal-modernen Restaurant um, dem „Stoi“ (bayerisch für „Stall“).

Das Konzept: in regelmäßig unregelmäßigen Abständen kochen Köche – zumeist ohne eigenes Restaurant – Menüs. Die Namen der Gastköche sind klangvoll: ob Heiko Antoniewicz, Meta Hildebrand, Wolfgang Müller, Tim Mälzer, Stefan Marquard oder Roland Trettl: sie alle gaben schon ihr Stelldichein. Der Stoi ist also kein „À-la-carte-Restaurant“, sondern nur zu besonderen Veranstaltungen geöffnet.

Das Besondere: die Tür zur Küche ist offen, jeder kann den Köchen jederzeit auf die Finger schauen, Fragen stellen, ganz nah dran sein. Im Hintergrund läuft Heavy Metal, alles hat eher den Charme einer familiären Küchenparty als dem stereotypen Erlebnis eines Restaurantbesuchs auf Sterne-Niveau. Ein Abend im Stoi ist ungezwungen, familiär und dennoch ausgesprochen professionell. Lucki Maurer und sein Team schaffen eine Wohlfühlatmosphäre, die an das heimische Wohnzimmer erinnert, die es den Gästen leicht macht, sich ein wenig „zu Hause“ zu fühlen.

Im Januar gab sich Roland Trettl die Ehre, der sich durch die Leitung des Restaurants Ikarus in Salzburg einen Namen machte und seit seinem Ausscheiden dort vorrangig in diversen TV-Kochshows zu sehen ist.

Sein Acht-Gang-Menü war dabei weniger eine Hommage an seine Zeit im Ikarus als vielmehr eine Reise durch die eigenen kulinarischen Präferenzen. „Heute gibt es nur Gerichte, die mir selbst schmecken, die ich selbst einfach gerne esse“, sagt er mir auf Nachfrage zwischen zwei Gängen. Das erklärt die nach meinem Empfinden etwas wilde Speisenfolge, einen roten Faden kann ich nicht recht erkennen.

Auf ein hocharomatisches, wirklich exzellentes, mit Schotten (Pinzgauer Reibekäse) gewürztes Maronenschaumsüppchen folgt der zweite Gang: marinierter Saibling mit einem Salat aus Pomelo, Gurken, Fenchel und Erdnüssen, dazu ein Gel aus schwarzem Knoblauch. Besonders die Kombination aus schwarzem Knoblauch und dem rohen Saibling empfand ich als bemerkenswert, ein in Summe texturell sehr homogener und gut abgeschmeckter Gang.

Der dritte Gang war mein absolutes Highlight: mit dem Brotmesser grob geschnittene, abgeflämmte Jakobsmuscheln, in einer Meerrettichsahne, dazu fermentierte Radieschen, kleine Gurken-Würfelchen und Dillöl. Wenige Komponenten, klarer, feiner Geschmack.

Danach ereilte uns japanisch-italienische Fusion-Küche: Gyozas, gefüllt mit Kalbskopfragout, serviert im Südtiroler Specksud mit Linsen und Petersilie. Geschmacklich famos, mundfüllend, kräftig, dennoch harmonisch, echtes Soulfood und eine intensive kulinarische Erinnerung, mal wieder nach Südtirol zu reisen.

Geschmacklich nicht weniger imposant wartete der fünfte Gang auf: gegrillter Oktopus und Bouchot-Muscheln in einer Paprika-Vinaigrette, dazu Paella als Schaum, eine tolle Idee.

Der Hauptgang bestehend aus Wagyu, einer Tomaten-Sesamsalsa, Schalotten, Auberginen und Topinambur-Chips war handwerklich solide, aber im Vergleich eher gewöhnlich und etwas unter meinen Erwartungen.

Danach: Pizza! – belegt mit Weißkohl, Vacherin und jeder Menge frisch geriebenem Trüffel, eine geschmackliche Bombe, intensiv, mundfüllend, durchaus herausfordernd nach all den ebenfalls intensiven Geschmackserlebnissen davor.

Das Dessert: Mango in verschiedenen Konsistenzen, als Sorbet, als Frucht, serviert mit Zitrus-Aromen und Baiser. Neben den Jakobsmuscheln und den Gyozas eines meiner Highlight des Abends und ein würdiger Abschluss für ein solides Menü.

Fazit

Ein Besuch im Stoi bei Lucki Maurer ist eine Reise in den Bayerischen Wald wert – Konzept und Atmosphäre sind ein Garant für einen gelungenen Abend und durchweg etwas Besonderes und Einzigartiges.

Von Roland Trettl habe ich kulinarisch allerdings etwas mehr erwartet, das Menü war durchaus solide, aber für den Preis von 195,00 € nach meinem Empfinden auf Basis der kulinarischen Qualität vergleichsweise zu teuer.

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Tief im Bayerischen Wald in einer Senke liegt Schergengrub, bestehend aus einigen Höfen, die verteilt über die hügelige Landschaft in Sichtweite voneinander liegen. Es gehört schon Mut dazu, dort, wo sich Fuchs und Has’ sprichwörtlich gute Nacht sagen, einen Gourmet-Tempel zu eröffnen.

Lucki Maurer übernahm vor einigen Jahren den elterlichen Hof, baute eine Wagyu-Zucht auf und baute die alten Stallungen zu einem rustikal-modernen Restaurant um, dem „Stoi“ (bayerisch für „Stall“).

Das Konzept: in regelmäßig unregelmäßigen Abständen kochen Köche – zumeist ohne eigenes Restaurant – Menüs. Die Namen der Gastköche sind klangvoll: ob Heiko Antoniewicz, Meta Hildebrand, Wolfgang Müller, Tim Mälzer, Stefan Marquard oder Roland Trettl: sie alle gaben schon ihr Stelldichein. Der Stoi ist also kein „À-la-carte-Restaurant“, sondern nur zu besonderen Veranstaltungen geöffnet.

Das Besondere: die Tür zur Küche ist offen, jeder kann den Köchen jederzeit auf die Finger schauen, Fragen stellen, ganz nah dran sein. Im Hintergrund läuft Heavy Metal, alles hat eher den Charme einer familiären Küchenparty als dem stereotypen Erlebnis eines Restaurantbesuchs auf Sterne-Niveau. Ein Abend im Stoi ist ungezwungen, familiär und dennoch ausgesprochen professionell. Lucki Maurer und sein Team schaffen eine Wohlfühlatmosphäre, die an das heimische Wohnzimmer erinnert, die es den Gästen leicht macht, sich ein wenig „zu Hause“ zu fühlen.

Im Januar gab sich Roland Trettl die Ehre, der sich durch die Leitung des Restaurants Ikarus in Salzburg einen Namen machte und seit seinem Ausscheiden dort vorrangig in diversen TV-Kochshows zu sehen ist.

Sein Acht-Gang-Menü war dabei weniger eine Hommage an seine Zeit im Ikarus als vielmehr eine Reise durch die eigenen kulinarischen Präferenzen. „Heute gibt es nur Gerichte, die mir selbst schmecken, die ich selbst einfach gerne esse“, sagt er mir auf Nachfrage zwischen zwei Gängen. Das erklärt die nach meinem Empfinden etwas wilde Speisenfolge, einen roten Faden kann ich nicht recht erkennen.

Auf ein hocharomatisches, wirklich exzellentes, mit Schotten (Pinzgauer Reibekäse) gewürztes Maronenschaumsüppchen folgt der zweite Gang: marinierter Saibling mit einem Salat aus Pomelo, Gurken, Fenchel und Erdnüssen, dazu ein Gel aus schwarzem Knoblauch. Besonders die Kombination aus schwarzem Knoblauch und dem rohen Saibling empfand ich als bemerkenswert, ein in Summe texturell sehr homogener und gut abgeschmeckter Gang.

Der dritte Gang war mein absolutes Highlight: mit dem Brotmesser grob geschnittene, abgeflämmte Jakobsmuscheln, in einer Meerrettichsahne, dazu fermentierte Radieschen, kleine Gurken-Würfelchen und Dillöl. Wenige Komponenten, klarer, feiner Geschmack.

Danach ereilte uns japanisch-italienische Fusion-Küche: Gyozas, gefüllt mit Kalbskopfragout, serviert im Südtiroler Specksud mit Linsen und Petersilie. Geschmacklich famos, mundfüllend, kräftig, dennoch harmonisch, echtes Soulfood und eine intensive kulinarische Erinnerung, mal wieder nach Südtirol zu reisen.

Geschmacklich nicht weniger imposant wartete der fünfte Gang auf: gegrillter Oktopus und Bouchot-Muscheln in einer Paprika-Vinaigrette, dazu Paella als Schaum, eine tolle Idee.

Der Hauptgang bestehend aus Wagyu, einer Tomaten-Sesamsalsa, Schalotten, Auberginen und Topinambur-Chips war handwerklich solide, aber im Vergleich eher gewöhnlich und etwas unter meinen Erwartungen.

Danach: Pizza! – belegt mit Weißkohl, Vacherin und jeder Menge frisch geriebenem Trüffel, eine geschmackliche Bombe, intensiv, mundfüllend, durchaus herausfordernd nach all den ebenfalls intensiven Geschmackserlebnissen davor.

Das Dessert: Mango in verschiedenen Konsistenzen, als Sorbet, als Frucht, serviert mit Zitrus-Aromen und Baiser. Neben den Jakobsmuscheln und den Gyozas eines meiner Highlight des Abends und ein würdiger Abschluss für ein solides Menü.

Fazit

Ein Besuch im Stoi bei Lucki Maurer ist eine Reise in den Bayerischen Wald wert – Konzept und Atmosphäre sind ein Garant für einen gelungenen Abend und durchweg etwas Besonderes und Einzigartiges.

Von Roland Trettl habe ich kulinarisch allerdings etwas mehr erwartet, das Menü war durchaus solide, aber für den Preis von 195,00 € nach meinem Empfinden auf Basis der kulinarischen Qualität vergleichsweise zu teuer.

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3 Comments

  1. Silvia 5. Februar 2018 at 20:33 - Reply

    Danke für den tollen Beitrag. Gut kochen ist so etwas tolles. Ich finde es auch super wenn leichte Kritik anklingt.

    • Uwe 6. Februar 2018 at 08:45 - Reply

      Freut mich, Silvia!

  2. Gerhard 21. Februar 2018 at 08:27 - Reply

    „Das erklärt die nach meinem Empfinden etwas wilde Speisenfolge, einen roten Faden kann ich nicht recht erkennen.“
    Ganz ehrlich, das überrascht mich nicht wirklich; das war aus meiner Sicht auch schon das Problem im Ikarus in der Zeit von Roland Trettl – zT erinnere ich mich bei den „Eigen“-Menüs (die ja immer im August stattfinden) auch an wild zusammengestellte Abfolgen (zB gabs einmal den auch in „kitchen impossible“ von Mälzer nachzukochenden Rote Beete Knödel mit Saiblingskaviar). Nicht falsch verstehen: Roland ist sicher ein cooler Typ und kann kochen, das schmeckt alles sehr gut; allerdings war (und offenbar ist) das von einer Autorenküche jedoch weit entfernt.
    Das ist wahrscheinlich einfach das Problem: wenn du elf Monate im Jahr die Gerichte anderer Köche nachkochst, dann bleibt wenig Raum, andere bzw eigene Ideen zu entwickeln – zumindest als kohärente Abfolge von Speisen (auch wenn sich das im Ikarus unter Martin Klein aus meiner Sicht gebessert hat).

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