Tomaten haben von Natur aus eine angenehme Säure und sehr viel Umami. Das sind gute Voraussetzungen, um sie zu fermentieren. Dabei gilt es die Umami-Noten zu stärken ohne die Säure überhandnehmen zu lassen, was regelmäßige Kontrolle während des Fermentationsprozesses voraussetzt.
Wird eine Balance aus Säure und Süße erreicht, so haben fermentierte Tomaten ein unglaubliches Aroma, sowohl auf der Zunge als auch in der Nase. Ich werde es nie vergessen, als ich zum ersten Mal einen Beutel öffnete und das sich entfaltende Aroma einsog, es war ein betörender Duft, angenehm säuerlich und dennoch durchzogen von einer vollen Tomaten-Aromatik. Beinahe könnte man glauben, gekochte Tomatensauce vor sich zu haben.
Die Fermentation von Tomaten
Die milchsaure Fermentation von Tomaten funktioniert dabei nach bekanntem Schema: ein Kilo Tomaten wird mit 20 Gramm Salz vermischt und vakuumiert. Über 6-8 Tage fermentieren die Tomaten nun bei einer Temperatur von etwa 26 °C. Dabei bläht sich der Beutel durch die entweichenden Gase auf, selbiges sollte, sobald dies passiert, abgelassen werden. Das ist zudem eine gute Gelegenheit, um die Tomaten und die entstehende Säure zu kontrollieren.
Nach 6-8 Tagen ist ein angenehmer Säurelevel sowie eine hohe Umami-Konzentration erreicht und der Fermentationsprozess kann beendet werden.
Das Ergebnis: fermentiertes Fruchtfleisch und fermentiertes Tomatenwasser
Ich fülle die Tomaten und die Flüssigkeit, die sich gebildet hat, in ein mit einem Passiertuch ausgelegtes Sieb. Ähnlich des Prozesses zur Herstellung von Tomaten-Essenz lasse ich das Fruchtfleisch 12-24 Stunden im Kühlschrank abtropfen und fange das Tomatenwasser auf. Dieses besitzt ein betörendes Aroma und einen famosen Geschmack: salzige, saure und süße Aromen finden sich gleichermaßen, Umami-Noten haften lange auf der Zunge.
Das Tomatenwasser lässt sich entweder sofort verwenden (Einsatzzwecke erkläre ich weiter unten) oder einfrieren. Für letzteres nutze ich Eiswürfelformen um das Tomatenwasser später genau dosieren zu können. Im Kühlschrank selbst hält sich das Tomatenwasser 2-3 Tage, ohne wesentliche Veränderungen am Geschmack.
Das Fruchtfleisch kann ebenfalls sofort verwendet oder für eine spätere Nutzung eingefroren werden.

Fermentiertes Tomatenwasser, in Eiswürfelformen eingefroren.
Wie fermentiertes Tomatenwasser und Fruchtfleisch eingesetzt werden können
Fermentiertes Tomatenwasser lässt sich wie folgt einsetzen:
- Als Zutat für Vinaigrettes in Verbindung mit Kräutern wie Basilikum, Schnittlauch, Estragon, Dill oder Shiso und ein wenig Olivenöl
- Als Marinade für Fisch und Meeresfrüchte
- Als Bestandteil einer antialkoholischen Getränkebegleitung (Tomaten-Essenz aus 1 Teil Tomatenessenz und 1 Teil fermentiertem Tomatenwasser plus einem Kräuterauszug, z. B. Basilikum oder Tagetes)
- René Redzepi empfiehl zudem, Gemüse in Tomatenwasser einzulegen
Das fermentierte Fruchtfleisch kann wie folgt benutzt werden:
- Als Basis für Tomatensaucen
- Für Bruschetta mit Basilikum, Knoblauch oder Guanciale

Pasta mit fermentierter Tomatensauce, dazu Guanciale und Bärlauchkapern.

Gegrillte Zucchini mit fermentiertem Tomatenwasser.
Rezept
Hinweis: Bei Fermentations-Rezepten ist die Natur am Werk, Dinge können schiefgehen, es gibt keine Gelinggarantie. Daher gilt: bitte sauber arbeiten, genau kontrollieren, prüfen, anschauen, riechen, schmecken und im Zweifel von Neuem beginnen.
Dauer: 6-8 Tage Fermentation, 12-24 Stunden abtropfen
Zutaten:
1 kg reife Tomaten
20 g Salz (unjodiert)
Zubereitung:
1 Die Tomaten waschen und vierteln, den Strunk entfernen.
2 Die Tomaten mit dem Salz vermischen und vakuumieren. Bei etwa 26 °C 6-8 Tage fermentieren lassen. Dabei empfiehlt es sich, den Beutel beim Vakuumieren so weit oben wie möglich zu versiegeln: durch die Bakterienaktivität wird er sich aufblähen. Eine Ecke abschneiden, das Gas ablassen, bei der Gelegenheit probieren und wieder vakuumieren.
3 Die Tomaten durch ein Küchentuch über Nacht ohne Druck abtropfen lassen.
4 Das fermentierte Tomatenwasser und das Fruchtfleisch entweder direkt verbrauchen (es hält sich 2-3 Tage im Kühlschrank) oder einfrieren. Ich friere das Tomatenwasser in Eiswürfelformen ein um es bei Bedarf entsprechend portioniert nutzen zu können.
Quellen
René Redzepi und David Zilber. 2018. „The Noma Guide to Fermentation“ Artisan New York.
Welchen Vakumierer hast du, mein Gerät ist zwar sehr gut, aber sobald Flüssiges ins Spiel kommt wirds schwierig
Hallo Karlheinz,
Es geht auch ohne Vakuumierer, du brauchst bloß einen Zippbeutel. Da machst du die Tomaten rein und lässt den Beutel noch offen. Lass Wasser in eine große Schüssel oder ins Spülbecken laufen. Drück den Beutel unter Wasser, natürlich ohne dass Wasser in den Beutel geht. Den Inhalt etwas massieren dass die Luft rausgeht und dann verschließen. Fertig ist das Vakuum.
Hallo Marcel, so geht es natürlich auch, ich finde es dennoch wichtig zu erwähnen dass mit dieser Methode kein 100%-Vakuum zustande kommt. Wie bei der Fermentation immer gilt hier: gut kontrollieren.
Wie machst du das mit der Temperatursteuerung, um die 26 °C zu halten? Hast du eine Gärkammer?
Hallo Johannes, im Sommer (wenn Tomaten reif sind) habe ich selten ein Temperaturproblem weil es recht warm ist. Da geht das ohne. Wenn ich ganz präzise Temperaturen brauche (z. B. beim Brotbacken, für Koji oder für Teige oder eben im Winter), dann nutze ich einen Gärautomaten.
Danke für den Beitrag! Aber bitte bedenkt auch das die Fermentation eine uralte Methode ist. Also daher muss man tatsächlich nicht ganz so wissenschaftlich an die Sache heran gehen. Das nimmt ihr irgendwie den Zauber…Schaut mal nach Korea, Russland ect. dort benutzt niemand nen Thermometer beim fermentieren. Dort buddelt man unter anderem z.B bei Kimchi die Gefässe in der Erde ein. Und zu guter Letzt..Finde ich das fermentieren im Plastikbeutel irgendwie entfremdet ..und na ja Plastik halt. Es gibt so schöne Tongefässe..Ansonsten sind fermentierte Tomaten eine absolute Bereicherung!
Hello,
könnte man in dieser Variante auch auf ein einfaches Einmachglas zurückgreifen?
Hallo Manu, klar, das geht auch, ist nur “anfälliger” für Schimmel & co. Mein persönliches Ziel ist es, auf Gläser umzustellen, um Plastik zu vermeiden. Bisher waren meine Glasversuche allerdings nicht durchweg gut, hier muss ich noch üben. Fermentieren im Vakuum ist ein guter Einstieg.
Hi!
Fermentieren im Plastikbeutel ist kein guter Einstieg!
Ein guter Einstieg ist: Weck-Glas, Gummi, Glasdeckel und Klammern drauf.
Gerne noch ein Gewicht aufs Gemüse gelegt, damit es immer in der 2%-igen Salzlake (auf die Gesamtmenge gerechnet) liegt, fertig.
Etwa eine Woche bei Zimmertemperatur blubbern lassen, dann kühl stellen.
Fertig.
Und das Glas während der Fermentation niemals öffnen!
Einfach stehen lassen – läuft.
Hi Uwe, ich wollte das auch unbedingt mal ausprobieren aber will ebenso wie du so weit es geht auf Plastik verzichten. Bisher habe ich gute Erfahrungen damit gemacht Dinge in Weckgläsern mit Gummi im Kammervakuumierer zu vakuumieren, wenn keine Hitze (Einkochen) im Spiel ist. Das Vakuum ist natürlich nicht so „hochprozentig“ wie im Beutel, da ja nur ein von der Geräteleistung abhängiger Teil der Luft (vs. die komplette Luft beim Beutel) abgesaugt wird…
Zudem wirkt bei der Tomate der Fermentationsprozess dem besagten Vakuum entgegen. Denkst du, dass die Atmosphäre innerhalb des Glases dann mit den für den Prozess günstigen Gasen gefüllt bleibt oder kommt es, sobald das Gas im Innern des Glases den Umgebungsdruck übersteigt, zu einer Diffusion mit der kontaminierenden Umgebungsluft?
Hat geklappt:
1 Liter Weckglas samt Gummi und Deckel ausgekocht, mit Kirschtomaten zur Hälfte gefüllt, 2 Massen-% Salz dazu, mit abgekochtem Löffel vermischt, kammervakuumiert und dann nach 7 Tagen bei RT in den Kühlschrank. Hat sich ordentlich Kahmhefe gebildet aber kein Schimmel. Im Kühlschrank hat es sich 3 Wochen gehalten, bis ich es eingekocht und mit Knoblauch, Kasuri Methi und Kichererbsen zu einem Amuse-Gueule verarbeitet und serviert habe. Werde ich auf jeden Fall nochmal machen, geschmacklich ziemlich unnachahmlich!