Im September fuhr ich auf Einladung der Sortenorganisation Appenzeller Käse GmbH für drei Tage in die Schweiz nach Appenzell, um der traditionellen Herstellung des bekannten Appenzeller Käse beizuwohnen.

Der Ort Appenzell liegt in der Ostschweiz im Kanton Appenzell Innerrhoden und gehört als einer der kleinsten Kantone seit Ende des 16. Jahrhunderts zur Schweizer Eidgenossenschaft. Bemerkenswert ist der Fakt, dass damals der Kanton Appenzell in zwei Halbkantone aufgeteilt wurde, das überwiegend katholische Appenzell-Innerrhoden und das protestantische Appenzell-Ausserrhoden, was in einer sehr traditionsbewussten Region bis heute Bestand hat.

Das malerisch gelegene Appenzell ist umgeben vom Alpstein, einem etwas exponiert gelegenen Gebirgszug der Alpen. Der Säntis ist mit seinen 2501 Metern Höhe eine weithin sichtbare Landmarke, sogar im Schwarzwald gibt es Häuser mit dem Namen Säntisblick.

Neben seiner famosen Natur ist das Appenzell bekannt für seine Lebkuchenspezialität, den Appenzeller Biber, für den noch heute traditionelle Handwerksbetriebe Formen aus speziellem Holz herstellen, und natürlich für seinen Käse, den Appenzeller.

Fotostrecke: Ein Spaziergang durch Appenzell

Gelebte Tradition: Appenzeller Käse

Die Herstellung von Appenzeller Käse hat im Appenzellerland eine lange Tradition. Erste urkundliche Erwähnungen datieren zurück auf das 13. Jahrhundert.

Während früher das Käsen auf den Alpen und Sennereien durchgeführt wurde, so findet heute der Prozess in den Tälern statt, um die über die Jahre gestiegene Nachfrage in gleichbleibender Qualität bedienen zu können.

Die Philosophie, ein sehr regionales Produkt mit Zutaten aus der Region herzustellen, ist aber geblieben. Die Bauern der umliegenden Dörfer und Sennalpen fahren ihre Milch einmal am Tag zu einer der verteilten Käsereien. Die Entfernung beträgt dabei nur wenige Kilometer, die Milch kommt aus unmittelbarer Nähe.

Bei meinem Besuch in einer Käserei in Nesslau erklärt mir der Eigentümer, Hans Stadelmann,  dass seine Käserei ausschließlich silofreie Rohmilch verarbeitet, frischer geht es kaum.

Der Appenzeller ist ein Rohmilchkäse, das bedeutet, dass der Käse aus nicht thermisch behandelter Milch hergestellt wird. Seine Produktion ist weitestgehend standardisiert und verläuft in allen Käsereien des Appenzellerlandes ähnlich.

Zunächst wird ein Teil der von den Bauern angelieferte Milch entrahmt, bis die Kessimilch einen Mindestgehalt von etwa 50-52% Fett in der Trockenmasse besitzt (das bedeutet, dass der Gesamtanteil des Fetts an allen Bestandteilen der Milch außer dem Wasser etwa 50% beträgt).

Danach wird sie in einen etwa 6000 Liter fassenden Kupferkessel (Kessi) gefüllt und auf 30 bis 31 °C erhitzt. Wenn diese sogenannte „Einlabungstemperatur“ erreicht ist, setzen die Käser Milchsäurekulturen und Labferment zu.

Hans Stadelmann stellt die Milchsäurekulturen noch selbst her, dafür sterilisiert er Magermilch in einem Autoklaven, wodurch der Zucker karamellisiert und die Milch braun wird. Die sterile Magermilch impft er mit Milchsäurebakterien, die die Magermilch als Nahrung für ihre Stoffwechselprozesse nutzen.

Fotostrecke: Herstellung des Appenzeller Käse

Etwa eine halbe Stunde nach dem Hinzufügen der Kulturen ist die Milch dickgelegt und wird zu Käsebruch geschnitten. Der Käsebruch trennt sich von der Molke, wird in Formen gefüllt und gepresst (die Molke geht zurück an die Bauern, die sie dann an ihre Schweine verfüttern).

Danach ruhen die Käse für eine gewisse Zeit, bis sie für etwa 36 Stunden in ein Salzbad kommen. Das Salzbad erfüllt dabei drei Funktionen: es entzieht Wasser, würzt und macht den Käse haltbar.

Nach dem Salzbad werden die Käse noch eine weile regelmäßig gebürstet und gesalzen, bevor sie auf geschmacksbildenden Fichtenholzbrettern zur Reifung ins Käselager kommen. Dort findet auch die Behandlung mit der geheimnisumwitterten Kräutersulz statt, die dem Appenzeller sein typisches, würziges Aroma gibt.

Fotostrecke: Appenzeller Bio-Kräuter auf 900m Höhe

Die Kräuter für die Kräutersulz stammen ebenfalls aus dem direkten Umfeld, diverse Kräuterbauern beliefern die Sortenorganisation. Die Rezeptur für die Kräutersulz ist dabei nur zwei Personen bekannt und wird als Alleinstellungsmerkmal des Käse streng als Geheimnis gehütet.

Nach gut drei bis sechs Monaten ist die Reifung abgeschlossen und der Käse kann verkauft werden.

Das Käsen in den Schaukäsereien hautnah erleben

Wen die Käseherstellung interessiert, der kann den Prozess in einer der vielen Schaukäsereien in den beiden Halbkantonen hautnah erleben. Dort werden mitunter Führungen angeboten, die einen guten Einblick vermitteln.

Dort ist es auch möglich, typische Appenzeller Gerichte zu probieren: besonders empfehlenswert sind die “Appenzeller Chääshörnli“ mit Röstzwiebeln, Siedwurst und Apfelmus, die Schweizer Variante der Allgäuer Kässpatzen.

Auch ein gratiniertes Rösti, Appenzeller Mostbröckli oder ein Fondue mit Appenzeller Käse ist ein leckeres Vergnügen. Und wer nach all dem Käse ein wenig Verdauungshilfe benötigt, kann hier entweder mit einem Alpenbitter oder einem „Kafi fertig“ (Kaffee mit Schnaps) gegensteuern.

Fotostrecke: Viehschau in Stein

Von der Ebenalp zum Seealpsee

Abtrainieren lassen sich die Kalorien auch durch ausgedehnte Wanderungen im Alpstein. Besonders bietet sich eine Tour auf die Ebenalp an (entweder zu Fuß oder mit der Seilbahn), und von dort zum Berggasthaus Aescher-Wildkirchli, das als eines der ältesten Berggasthäuser der Schweiz seit der Mitte des 19. Jahrhunderts existiert und von der Ebenalp nur über eine Höhle erreicht werden kann.

Früher lebten hier Mönche erimitisch, woher der Name „Wildkirchli“ kommt. Unterkunft boten drei Höhlen, das Gasthaus wurde in einen Felsüberhang direkt an den Fels gebaut. Der Blick ist beeindruckend, das Gelände steil, und seit das Gasthaus vor einigen Jahren die Titelseite des National Geographic zierte auch kein Geheimtipp mehr.

Dennoch: die Wanderung von der Ebenalp über das Gasthaus Aescher zum Seealpsee (das dauert ohne Aufstieg zur Ebenalp etwa 1,5 bis 2 Stunden) ist malerisch.

Am Seealpsee eröffnet sich ein wunderbarer Blick über den Bergsee zum Säntis. Den Tag kann man wunderbar im Gasthaus „Forelle“ ausklingen lassen, die rustikalen Zimmer laden zum bewussten Entschleunigen ein. Der Wirt ist Jäger und serviert in seiner Küche selbst geschossenes Wild aus den umliegenden Wäldern, oder eben alternativ frische Forellen aus dem Alpsee vor der Haustüre. Regionaler und authentischer geht es nicht.

Fotostrecke: Seealpsee

Gut essen im Restaurant Truube in Gais

Neben der authentischen, regionalen Hausmannsküche gibt es im Appenzellerland natürlich auch Adressen gehobenerer Kochkunst.

So kocht Silvia Manser in Gais im Restaurant Truube eine moderne Schweizer Küche mit internationalen Einflüssen und zählt neben Tanja Grandits zu nur drei mit einem Michelin-Stern ausgezeichneten Köchinnen in der Schweiz.

Das Restaurant liegt in einem alten Bauernhof, den Silvia Manser zusammen mit ihrem Mann Thomas noch bis vor einigen Jahren selbst bewirtschaftete. Ein ausführlicher Bericht des Besuchs kann hier nachgelesen werden.