Voigtland.

Gaby und Stephan betreiben unweit von Windhoek eine Farm, „Voigtland“ genannt. Stephan führt die Farm mittlerweile in der vierten Generation, Gaby, eigentlich aus der Frankfurter Gegend, ist seit 15 Jahren in Namibia.

Die Farm ist sehr gepflegte Farm, was mir schon beim Einfahren in den umzäunten Haus- und Hofbereich auffällt. Das Haupthaus ist unglaublich detailverliebt eingerichtet und dekoriert, in jedem Zimmer ist die Geschichte des Gebäudes spürbar. Stephan und Gaby beschäftigen knapp über zehn Angestellte, einige davon im Housekeeping, viele für die Farm und deren Bewirtschaftung.

Rinderzucht in extremem Umfeld

Stephan züchtet Rinder, was in den Ausläufern der Namib als nicht ganz einfach erscheint: die Tiere sind das ganze Jahr draußen, Ställe gibt es nicht. Besonders im Winter, der Trockenzeit, ist das Nahrungsangebot sehr dünn, die Gräser auf den Weiden sind recht dürr, die Tiere verbringen viel Zeit mit der Futtersuche.

Aber auch in dieser Zeit finden sich Sprossen an den Wurzeln der Pflanzen, genug für die Tiere, um zu überleben.

Ganz anders sieht es hier bei einer anderen Gefahr aus, der die Tiere stetig ausgesetzt sind: etwa 30 % des Herdenbestands fällt alljährlich Leoparden und anderen Großkatzen zum Opfer. Besonders Jungtiere sind eine leichte Beute, was die Auf- und Nachzucht besonders erschwert. Um seine Tiere zu schützen, legt Stephan Köder aus, besonders Stachel- und Warzenschweine sind bei den Katzen sehr beliebt. Satte Leoparden töten keine Rinder.

(Ich erlaube mir die leicht ketzerische Bemerkung an dieser Stelle: hierzulande gilt der Wiederzuzug von Wölfen bereits als unglaubliches Problem, und wenn tatsächlich einmal EIN Bär durch die Flure schreitet, so ist Notstand. In Namibia verlassen die Züchter in der Dämmerung das Haus nur bewaffnet…)

Und so verbringt Stephan mit seinem Team die meiste Zeit damit, Zäune zu reparieren und die verschiedenen Herden zu besuchen sowie seine Tiere zu zählen: auf 60 Weiden im Bereich von sechs Quadratkilometern hält er 800 Tiere.

Urlaub auf dem Bauernhof

Als zweites Standbein haben Gaby und Stephan begonnen, ein paar Zimmer auf der Farm an Gäste zu vermieten.

Für die Gäste gibt es so die Möglichkeit, einen authentischen Einblick in das Farmleben in der Wüste und einen Eindruck von der klassisch namibischen Farmküche zu bekommen.

Diese brachten die deutschen Siedler Mitte des 19. Jahrhunderts mit und haben sie als Teil ihrer Tradition und Geschichte fortgeführt und mit lokalen Angeboten vermischt.

Farmhouse-Küche: deftig ehrlich

Gaby und ihr Team laden uns zu einem späten Mittagessen ein. Wir nehmen an gedeckten Tischen unter einer massiven Veranda Platz, der Blick schweift über die unendliche Weite des buschbewachsenen Farmlandes.

Als Vorspeise gibt es „Farmer’s Bread“, ein selbst gemachtes, leicht süßliches Brot mit vielen ganzen, ungeschroteten Körnern. Dazu reicht Gaby (nicht ganz namibisch) Oliven-Tapenade, einen Kräuter-Quark aus eigener Milch (sie stellen Joghurt und Quark selbst her) und ein famoses Biltong-„Pâte” aus selbst gemachtem Frischkäse, Schnittlauch, Mayonnaise, Zitronensaft und klein geschnittenem Biltong.

In Biltong habe ich mich auf der Reise schwer verliebt, dabei handelt es sich um getrocknetes, gewürztes Rind- oder Wildfleisch, das so behandelt nicht verdirbt und früher Farmern wie Händlern auf den mitunter zehrenden Reisen durch die Wüstengebiete sichere Nahrung war.

„Jeder Namibier hat ein Messer dabei. Weisst Du warum?“ hat mich Christian schon während unseres Boerewors-Grillabends am Strand der Skelettküste in Swakopmund gefragt. „Um Biltong schneiden zu können“ schob er die Antwort verschmitzt grinsend hinterher. Biltong wird an der Luft getrocknet, in Swakopmund nimmt das Fleisch den Salzgehalt des verdunsteten Atlantik-Wassers auf, der einen angenehmen Geschmack erzeugt. Hinzu kommen Gewürze wie Kreuzkümmel, Chilis oder Pfeffer, die das Fleisch zu einem wahren Genuss machen.
Zum Trinken gibt es Wasser aus dem Brunnen und Eistee aus Rooibos, Zitrone, Zuckersirup und Ingwer – welch Köstlichkeit!

Buffet mit verschiedenen Wild-Köstlichkeiten

Das Buffet wartet auf mit Oryx-Steaks aus eigener Jagd, zartrosa gebraten und gut gewürzt. Daneben steht eine große Schüssel mit Eland-Meatballs, kräftig gebraten und in einer Tomatensauce serviert. Während ersteres typisch namibisch ist, ist die Tomatensauce ein Mitbringsel aus Europa.

Dennoch: die Eland-Fleischbällchen überzeugen, haben einen angenehmen Wild-Geschmack und sind gut gewürzt.

Beide Fleischgänge werden begleitet von einer typischen afrikanischen Kohlehydratbeilage, dem „Mieliepap“. Dabei handelt es sich um einen Getreidebrei, der heutzutage meist aus Maismehl, historisch aber aus Hirse zubereitet wurde. Die stärkehaltigen Teile von Früchten vom Feld, zu Brei verarbeitet, bildeten und bilden die Grundlage der Ernährung vieler afrikanischer Völker.

„Mieliepap“ begegnete mir in unterschiedlichen Formen immer wieder in Namibia, eine einfache, gleichwohl aber sättigende Speise.

Kein Farmhouse-Essen ohne Milchtarte! Gaby präsentiert stolz den Kuchen, der bei keinem namibischen Kaffeekränzchen fehlen darf. Ihr Rezept hat sie mir freundlicherweise hier verraten.

Stephan und Gaby, vielen lieben Dank für Eure Gastfreundschaft und die tollen Eindrücke und Genüsse, die ich von Eurer Farm mitnehmen durfte!