Ein Besuch im Keidenzeller Hof in Langenzenn bei Nürnberg

Ein Besuch im Keidenzeller Hof in Langenzenn bei Nürnberg

Veröffentlicht am 19. Dezember 2017 |

Lesezeit: 4 Minuten

Ein Weg, der sich lohnt: 30 Autominuten außerhalb Nürnbergs erfreut Martin Grimmer im Keidenzeller Hof in Langenzenn mit einer modernen Küche in gemütlichem Ambiente.

An einem kalten Dezemberabend betreten wir die Stube des Keidenzeller Hofes in freudiger Erwartung: viel hat sich seit meinem letzten Besuch vor einigen Jahren getan, seit Martin Grimmer die Regie in der Küche übernommen hat. 2015 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet, hat sich der Keidenzeller Hof als exquisite kulinarische Adresse in Nürnberg etabliert.

Die Gaststube ist gemütlich eingerichtet, wir werden vom Service sehr freundlich begrüßt und an unseren Tisch geleitet. Es ist Sonntagabend, das Restaurant ist nicht vollständig belegt, zwei der sieben Tische sind frei. Von Donnerstag bis Sonntag hat das Restaurant geöffnet und bietet seinen Gästen eine moderne Küche, saisonal, gern regional, gern international.

Wir können zwischen einem Fünfgang- oder Achtgang-Menü wählen und entscheiden uns für die große Variante, was wir keine Sekunde bereuen: vier der acht Gänge sind außergewöhnlich, geradezu herausragend in Kreation, Präsentation und Geschmack, die übrigen vier schlicht sehr gut.

Das Menü startet mit einem Gruß aus der Küche: neben einer Rotkohl-Gazpacho mit Joghurt-Ingwer-Schaum und feiner Säure gibt es Macarons mit Entenleber und Tartelettes mit geräucherter Bachforelle, ein wirklich schöner Start.

Der erste Gang ist ein optisches Highlight: neben geflämmten und eingelegten Rettich findet sich eine Meerrettichcrème auf dem Teller, getoppt mit einem fein abgeschmeckten Feldsalat, etwas Schnittlauchöl und einer Apfelessig-Reduktion. Der Geschmack ist fein, fast schon vornehmend zurückhaltend und für meine Begriffe (zum Glück!) sehr salzarm.

Danach folgte gebeizter Lachs mit Rote Bete in verschiedenen Texturen, dazu Kamille, einmal als Staub (sehr schöne Idee!) auf einer hauchdünnen rohen Scheibe Rote Bete und als hocharomatisches, süß-saures Gel, der eigentliche Star auf dem Teller. Ein solider Gang, aber nicht mehr.

Der dritte Gang ist dafür ein absolutes Highlight und gehört zu den besten Tellern, die ich in diesem Jahr die Freude hatte genießen zu dürfen: was auf der Karte schlicht als „French Toast“ angekündigt ist, entpuppt sich als wunderbar aromatische Brioche, wie French Toast gebacken (Genial!), getoppt mit Steckrübensalat, der mit unnachgiebiger Wucht die Harmonie der übrigen Zutaten radikal stört, nur um gleichzeitig etwas Neues, geschmacklich Bedeutenderes zu erschaffen, sowie gebeiztem Eigelb und viel frisch geriebenem schwarzen Trüffel. Umami pur, welch ein Feuerwerk, wir sind begeistert und überlegen, lautstark nach Nachschlag zu verlangen.

Wir schwelgen immer noch, da erreicht uns der nächste Gang: Kürbis, Quatre Epices, Kalbsbries, was man sich wie folgt vorstellen muss: der Löffel taucht in eine schaumige Kürbissuppe, trifft auf das Kalbsbries und zur großen Überraschung auf eine hocharomatische, dunkle Jus, geschickt vor den Augen der Gäste versteckt. Im Zusammenspiel ergibt sich ein unglaubliches Aromenfeuerwerk, Löffel klappern, viel zu schnell ist das Schälchen geleert, ein weiteres Mal hätten wir nichts gegen einen Nachschlag. Gute Küche muss nicht immer komplett sein, oft liegt viel Magie in der Einfachheit. Die Weinbegleitung steht der Brillanz des Gerichts in nichts nach, im Glas befindet sich ein 2014er Frühburgunder vom Weingut Zehnthof Luckert aus dem fränkischen Sulzfeld.

Ein Highlight jagt nun das andere, auch der fünfte Gang erzeugt Frohlocken: Sellerie, Miso, Kabeljau steht auf der Karte, die Kombination aus Selleriepüree, Würfeln, einer hauchdünnen, getrockneten Scheibe Sellerie und einem vom Kellner angegossenen Tee aus Selleriesaft, Brunnenkresse-Öl und etwas Salz ist wahrlich famos, sensationell abgeschmeckt, mutig, kräftige Aromen bestechen. Ich hätte in diesem Gang den Fisch nicht gebraucht, zu genial war allein die Trilogie vom Sellerie in Verbindung mit dem angegossenen Tee.

Als Hauptgang serviert Martin Grimmer rosa gebratene Entenbrust mit einem tollen Rotkohl-Senf-Chutney (klau ich!), einem Kräuter-Pfannkuchen mit leicht angebratenem Radicchio sowie Fleisch von der gezupften Entenkeule, ergänzt durch eine Rotkohl-Jus mit Cassis.

Käsegang! Und was für einer – ein grandioser Vacherin, leicht gewärmt, dazu Maronen als Creme und gerieben, sowie ein Kaiserschmarren mit Holunderbeeren, ich muss mich zurückhalten, vor lauter Freude nicht dem Kellner um den Hals zu fallen. Dieses Gericht wird mir noch lang im Gedächtnis und auf der Zunge bleiben. Vielen Dank dafür!

Das Pre-Dessert ist wunderbar erfrischend, es gibt Süßholzcreme, darauf ein Kräutereis sowie ein tolles Zierquittenblüten-Granité (ein schwieriges Wort nach der 8-teiligen Weinbegleitung…).

Der Abschluss: Apfel, salzige Butter und Nougat, für mich der schwächste Gang des ansonsten wirklich wundervollen Abends. Im Glas: ein beeindruckender Cidre aus der Bretagne, mit tollem Maronen-Aroma (Cuvée XVII, Kystin Sacha Crommar).

Ein Weg, der sich somit in jedem Falle gelohnt hat: der Keidenzeller Hof belohnt seine Gäste mit einem durchweg hochklassigen Menü sowie zwei wirklich außergewöhnlichen Gängen, die mir lange im Gedächtnis bleiben werden.

Keidenzeller Hof
Fürther Straße 11
90579 Langenzenn
09101 90 12 26

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Ein Weg, der sich lohnt: 30 Autominuten außerhalb Nürnbergs erfreut Martin Grimmer im Keidenzeller Hof in Langenzenn mit einer modernen Küche in gemütlichem Ambiente.

An einem kalten Dezemberabend betreten wir die Stube des Keidenzeller Hofes in freudiger Erwartung: viel hat sich seit meinem letzten Besuch vor einigen Jahren getan, seit Martin Grimmer die Regie in der Küche übernommen hat. 2015 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet, hat sich der Keidenzeller Hof als exquisite kulinarische Adresse in Nürnberg etabliert.

Die Gaststube ist gemütlich eingerichtet, wir werden vom Service sehr freundlich begrüßt und an unseren Tisch geleitet. Es ist Sonntagabend, das Restaurant ist nicht vollständig belegt, zwei der sieben Tische sind frei. Von Donnerstag bis Sonntag hat das Restaurant geöffnet und bietet seinen Gästen eine moderne Küche, saisonal, gern regional, gern international.

Wir können zwischen einem Fünfgang- oder Achtgang-Menü wählen und entscheiden uns für die große Variante, was wir keine Sekunde bereuen: vier der acht Gänge sind außergewöhnlich, geradezu herausragend in Kreation, Präsentation und Geschmack, die übrigen vier schlicht sehr gut.

Das Menü startet mit einem Gruß aus der Küche: neben einer Rotkohl-Gazpacho mit Joghurt-Ingwer-Schaum und feiner Säure gibt es Macarons mit Entenleber und Tartelettes mit geräucherter Bachforelle, ein wirklich schöner Start.

Der erste Gang ist ein optisches Highlight: neben geflämmten und eingelegten Rettich findet sich eine Meerrettichcrème auf dem Teller, getoppt mit einem fein abgeschmeckten Feldsalat, etwas Schnittlauchöl und einer Apfelessig-Reduktion. Der Geschmack ist fein, fast schon vornehmend zurückhaltend und für meine Begriffe (zum Glück!) sehr salzarm.

Danach folgte gebeizter Lachs mit Rote Bete in verschiedenen Texturen, dazu Kamille, einmal als Staub (sehr schöne Idee!) auf einer hauchdünnen rohen Scheibe Rote Bete und als hocharomatisches, süß-saures Gel, der eigentliche Star auf dem Teller. Ein solider Gang, aber nicht mehr.

Der dritte Gang ist dafür ein absolutes Highlight und gehört zu den besten Tellern, die ich in diesem Jahr die Freude hatte genießen zu dürfen: was auf der Karte schlicht als „French Toast“ angekündigt ist, entpuppt sich als wunderbar aromatische Brioche, wie French Toast gebacken (Genial!), getoppt mit Steckrübensalat, der mit unnachgiebiger Wucht die Harmonie der übrigen Zutaten radikal stört, nur um gleichzeitig etwas Neues, geschmacklich Bedeutenderes zu erschaffen, sowie gebeiztem Eigelb und viel frisch geriebenem schwarzen Trüffel. Umami pur, welch ein Feuerwerk, wir sind begeistert und überlegen, lautstark nach Nachschlag zu verlangen.

Wir schwelgen immer noch, da erreicht uns der nächste Gang: Kürbis, Quatre Epices, Kalbsbries, was man sich wie folgt vorstellen muss: der Löffel taucht in eine schaumige Kürbissuppe, trifft auf das Kalbsbries und zur großen Überraschung auf eine hocharomatische, dunkle Jus, geschickt vor den Augen der Gäste versteckt. Im Zusammenspiel ergibt sich ein unglaubliches Aromenfeuerwerk, Löffel klappern, viel zu schnell ist das Schälchen geleert, ein weiteres Mal hätten wir nichts gegen einen Nachschlag. Gute Küche muss nicht immer komplett sein, oft liegt viel Magie in der Einfachheit. Die Weinbegleitung steht der Brillanz des Gerichts in nichts nach, im Glas befindet sich ein 2014er Frühburgunder vom Weingut Zehnthof Luckert aus dem fränkischen Sulzfeld.

Ein Highlight jagt nun das andere, auch der fünfte Gang erzeugt Frohlocken: Sellerie, Miso, Kabeljau steht auf der Karte, die Kombination aus Selleriepüree, Würfeln, einer hauchdünnen, getrockneten Scheibe Sellerie und einem vom Kellner angegossenen Tee aus Selleriesaft, Brunnenkresse-Öl und etwas Salz ist wahrlich famos, sensationell abgeschmeckt, mutig, kräftige Aromen bestechen. Ich hätte in diesem Gang den Fisch nicht gebraucht, zu genial war allein die Trilogie vom Sellerie in Verbindung mit dem angegossenen Tee.

Als Hauptgang serviert Martin Grimmer rosa gebratene Entenbrust mit einem tollen Rotkohl-Senf-Chutney (klau ich!), einem Kräuter-Pfannkuchen mit leicht angebratenem Radicchio sowie Fleisch von der gezupften Entenkeule, ergänzt durch eine Rotkohl-Jus mit Cassis.

Käsegang! Und was für einer – ein grandioser Vacherin, leicht gewärmt, dazu Maronen als Creme und gerieben, sowie ein Kaiserschmarren mit Holunderbeeren, ich muss mich zurückhalten, vor lauter Freude nicht dem Kellner um den Hals zu fallen. Dieses Gericht wird mir noch lang im Gedächtnis und auf der Zunge bleiben. Vielen Dank dafür!

Das Pre-Dessert ist wunderbar erfrischend, es gibt Süßholzcreme, darauf ein Kräutereis sowie ein tolles Zierquittenblüten-Granité (ein schwieriges Wort nach der 8-teiligen Weinbegleitung…).

Der Abschluss: Apfel, salzige Butter und Nougat, für mich der schwächste Gang des ansonsten wirklich wundervollen Abends. Im Glas: ein beeindruckender Cidre aus der Bretagne, mit tollem Maronen-Aroma (Cuvée XVII, Kystin Sacha Crommar).

Ein Weg, der sich somit in jedem Falle gelohnt hat: der Keidenzeller Hof belohnt seine Gäste mit einem durchweg hochklassigen Menü sowie zwei wirklich außergewöhnlichen Gängen, die mir lange im Gedächtnis bleiben werden.

Keidenzeller Hof
Fürther Straße 11
90579 Langenzenn
09101 90 12 26

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