Ein Menü von Johannes King im Salzburger Restaurant Ikarus

Ein Menü von Johannes King im Salzburger Restaurant Ikarus

Veröffentlicht am 6. Mai 2018 |

Lesezeit: 10 Minuten

Anzeige. Der Artikel beinhaltet Werbung (Was bedeutet das?).

Das Konzept des Restaurants Ikarus in Salzburg ist besonders: Chefkoch Martin Klein lädt jeden Monat unter der Patronage von Eckhart Witzigmann einen neuen Gastkoch ein, der vier Wochen lang sein Menü serviert.

Die Liste der Köche kann sich dabei wahrlich sehen lassen: Spitzenköche aus der ganzen Welt geben und gaben ihr Stelldichein, darunter Christian Bau, Björn Frantzén, Sergio Herman, Grant Achatz, Massimo Bottura oder René Redzepi.

Das Restaurant Ikarus selbst ist mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet, angemessen, wenn man bedenkt, dass sich das Team von Monat zu Monat auf den individuellen Stil eines neuen Spitzenkochs einstellt.

Die Menüs eines Jahres finden regelmäßig Eingang in ein Ikarus-Kochbuch, den vierten Band aus dem Jahre 2017 habe ich hier rezensiert.

Johannes King ist der Gastkoch des Monats Mai

Im Mai 2018 kocht Johannes King und bringt dafür die Aromen seiner Sylter Meeresküche in die Alpen. Johannes King, selbst mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet, betreibt seit 2000 gemeinsam mit seinem Küchenchef Jan-Philipp Berner das Restaurant Söl’ring Hof in Rantum auf Sylt.

Durch die Nähe zur Nordsee ist es nicht weiter verwunderlich, dass seine Lieblingszutaten aus dem Meer, dem Watt und der direkten Umgebung des Restaurants kommen. Regionalität und hohe Qualität der Produkte sind leitende Prinzipien, die Saisonalität das führende Element.

Gerade in einem so besonderen Ökosystem wie dem des Wattenmeers sind viele Produkte nur sehr kurz verfügbar, es gilt, diese schönen Momente einzufangen und auf den Tellern der Gäste zu konservieren.

Genuss durch Verzicht

Die Kehrseite: viele erstklassige Produkte sind nicht das ganze Jahr verfügbar. „Man muss sich als Verbraucher einfach daran gewöhnen, dass nicht immer alles zu jeder Zeit verfügbar ist“, sagt Johannes King und meint damit, dass Nachhaltigkeit erst durch bewussten Verzicht entstehen kann.

Daraus erwächst aber auch ein Vorteil: mit einer Fokussierung auf Saisonalität geht eine erhöhte Produktqualität einher und damit ein gesteigerter Genuss: Lebensmittel auf dem Höhepunkt ihres Reifegrades werden frisch verarbeitet zu echten Delikatessen.

Und so ist sein Acht-Gang-Menü ein Best-of des Söl’ring Hofes, angepasst an den Frühling, bestechend durch feine Aromen, kunstvolle Optik und eine durchgängig hohe, dem Anspruch gerecht werdende Qualität.

Dabei fordert er seine Gäste durchaus, auf den Tellern finden sich Garnelenköpfe, Schnecken und Muscheln in unterschiedlichen Texturen, Formen und Gargraden. Das ist schön, lässt sich doch nur so das volle Spektrum einer Küche von Land und Meer authentisch transportieren.

Ein Menü von Land und Meer

Das Menü startet mit einigen Kleinigkeiten und zuallererst mit einer Auster „Sylter Royal“, wunderbar nach Meer duftend, angenehm salzig und gleichzeitig so wohlschmeckend, dass ich gerne auf die gereichte Zitrone verzichte. Dazu passt das servierte Bier („Watt Blondes“), das Alexandro Pape aus entsalztem Meerwasser braut, einem Abfallprodukt seiner Fleur-de-Sel-Herstellung.

Danach serviert Johannes King ein Duett aus Saibling, einmal als Tatar mit Krabben und Dill auf einem gebackenen Senfkrapfen, dann gebeizt mit confierten Zitronen, Zitronengel und Saiblingskaviar.

Es folgt ein weiteres Duett, diesmal bestehend aus einer gekochten, mit Rauchmayonnaise gefüllten und mit Felchenkaviar getoppten Kartoffel (welch Aroma!) und einem „Paket“ aus einem Tatar vom Rind, gepickeltem Rettich sowie einer ebenso mit Rauch aromatisierten Kieler Sprotte. Eine famose Kleinigkeit, mir gefiel das feine Spiel aus Süße und Säure, formidabel eingefangen durch das leichte Raucharoma sowie die weiche, samtige Textur.

Der erste Gang ist gleich einer meiner Favoriten, wunderbar harmonisch, dabei frühlingshaft frisch, knackig und durch die feine Säure ideal als Appetit-anregende Basis für die weiteren Gänge geeignet. „Salatgurke, Joghurt, Einkorn, Dill“ steht auf der Karte.

Die Gurke legt Johannes King kurz vor dem Service in einer Lake süß-sauer ein, vakuumiert beides, was den Vorgang beschleunigt. Das Ergebnis: eine immer noch knackige Gurke mit schönem Aroma. Darin angerichtet findet sich Einkorn als feste Textur, der Joghurt kommt als Espuma, die Gurke als kleine Deklination  roh und als erfrischendes Sorbet.

Der zweite Gang („Fjordforelle, Kohlrabi, Krabbe, Katenschinken, Alge“) bringt zum ersten Mal das Thema „Meer“ auf die Teller. Die zentrale Rolle spielt die Fjordforelle aus Norwegen, rohbelassen, dazu gepickelter Kohlrabi, frittierte Krabbenköpfe (meine ganz persönliche Entdeckung!), wunderbar knusprig, aromatischer Katenschinken sowie ein Sud aus den Krabbenschalen, Braunalge und der Speckschwarte des Schinken.

Dieser wird am Platz angegossen, fließt über die Lachsforelle, woraufhin sich ein leichter Schmelz bildet und der rohe Fisch mariniert auf die eifrig klappernden Löffel der Gäste wandert.

Die Braunalge dient dabei als Würzmittel: blanchiert, getrocknet und fein gemahlen findet sich diese als Pulver auf dem Gang.

Der begleitende Wein, ein 2016er Sauvignon Blanc vom Weingut Knipser harmoniert formidabel und ist für mich eines der passendsten Pairings des Abends.

Der dritte Gang ist eine Deklination des Kaisergranat, der auf zwei Tellern vollständige Verwertung findet: die Suppe aus den Schalen schmeckt rauchig gut, das Fleisch des Kaisergranats kommt mit Roter Bete, Raps und Meerrettich. Ein Gang, der mir schmeckt, mich im Vergleich aber nicht begeistert – was aber wohl an meiner ungleich geringen Affinität zu Krustentieren liegt.

Die Salzwiese auf dem Teller

Meine absoluten Highlights folgend direkt aufeinander. Der vierte Gang („Kabeljau, Salzwiesenkräuter, Brandade, Muschel“) ist eine Hommage an die Nordsee und ihre Gewächse.

Sobald die Wassertemperatur im Frühling Richtung 10°C klettert, beginnen sie zu sprießen und zu wachsen. Die Kräuter wachsen im Wattenmeer und werden durch Ebbe und Flut bis zu 250 Mal im Jahr mit Salzwasser überflutet, solch raue Bedingungen erfordern eine Menge Anpassungsfähigkeit und Überlebenskunst. Salzwiesenkräuter nutzen den nährstoffreichen Boden und trotzen dem hohen Salzgehalt und sind genau deswegen sehr aromatisch.

Im Gericht finden sich Queller, Strandwermut und Strandportulak, begleitet von einem perfekt gegartem Kabeljau, einer Auswahl an Muscheln, Wattschnecken und einer Brandade, jener Mousse aus Fisch und Gemüse.

Das Gericht erhält seine Würze, seine Salzigkeit einzig durch die Salzwiesenkräuter und den Sud aus Muschelsaft, Brunnenkresseöl und etwas Milch. Dabei verwendet Johannes King mehrere Muschelsäfte, denn je nach Muschel schmecken diese anders. Sein „Cuvee“ hat eine geschmackliche Tiefe, ist rund und sehr aromatisch.

Apropos: der Salzwiesengang besticht durch jodige Aromen und versetzt die Sinne sofort ans Meer. Ich kann mir gut vorstellen, wie sich der Genuss dieses Gerichts im Söl’ring Hof direkt am Meer um einige Prozente steigert, wenn neben dem olfaktorischen und gustatorischen Genuss auch die übrigen Sinneseindrücke heterogen unterstützen. Ein wahrhaft großer Teller!

Schnecken aus Moers

Der sehr freundliche Sommelier kommt an den Tisch und gießt den nächsten Wein ein, was mir bereits ein freudiges Lächeln auf das Gesicht zaubert: ein 2016er Silvaner, GG, von Horst Sauer aus dem Frankenland, ein toller Wein.

Es folgt das beste Pairing des Abends und der beste Gang: Schnecken aus Moers.

Schnecken fordern. Schnecken zu essen ist für die große Mehrheit der Gäste eine Herausforderung. Ich habe Respekt vor Johannes King, dass er seinen Gästen diese kulinarische Erfahrung zu-mutet (bewusst mit Bindestrich geschrieben) und darauf vertraut, dass die Gäste auf ihren Mut vertrauen. Eine Erfahrung, die die breite Mehrheit nicht bereuen dürfte. Johannes Kings Schneckengang gehört für mich zu den wohl fünf bis zehn besten Tellern, die ich bislang essen durfte. Das Gericht lebt von einer unglaublichen Harmonie, einem geschmacklich wie texturell beeindruckenden Gleichklang mit feinen Aromen und einem dennoch hervorstechenden Hauptakteur: den Schnecken.

Diese brät das Team lediglich, so erhalten sie den feinen nussigen Geschmack und den angenehmen, recht festen Biss, der sich wohl am ehesten mit einem sous-vide gegarten Tintenfisch vergleichen lässt.

Dazu gibt es einen in Kräuter gewälzten Ricottakloß, Zwiebeln in verschiedenen Texturformen, einem gebeizten Eigelb sowie einer grasgrünen Lauchsoße, der jede zwiebelige Schärfe genommen aber der ganze Geschmack gelassen wurde.

Der Hauptgang: Ochsenrippe, Sellerie, Haselnuss und Pumpernickel

Obgleich der Hauptgang perfekt zubereitet ist, kann er für mich persönlich nicht an die geschmackliche Erfahrung des Schneckenganges anknüpfen. Rein konzeptuell verstehe ich Johannes Kings Ansinnen, nach einer anspruchsvollen Reise durch das Meer einen weniger herausfordernden Gang als Hauptgang zu servieren, etwas, das erdet und seine Gäste in bekanntere Gefilde zurückführt.

Dennoch habe ich den Eindruck einer zu früh beendeten, vorher famos gesteigerten Klimax, was dem Hauptgang aber schlicht nicht gerecht wird.

Das Fleisch ist butterzart, das Selleriepüree wunderbar weich, die Stücke vom im Salzteig gebackenen Sellerie sind aromatisch, die Nüsse dazu gut und die Sauce ein Traum. Für mich Inspiration, wie ich meine Sellerie-Gerichte in Zukunft weiterentwickeln kann.

Der süße Abschluss

Als Dessert serviert die Patisserie ein gefülltes Gänseei (welch Aufwand!) mit einem Kompott aus Rhabarber, einer Crème aus Kondensmilch, einem Buttermilchsorbet, Estragonespuma und Minzsirup.

Bestechend: die Kombination aus Rhabarber und Estragon. Klau ich.

Fazit

Für mich war es eine Doppelpremiere: ich war zum ersten Mal im Restaurant Ikarus und zum ersten Mal bei Johannes King essen.

Es lohnt sich, das Programm des Ikarus gut im Auge zu behalten: es ist deutlich einfacher, internationale Spitzenküche in Salzburg zu genießen, als quer durch die Welt zu reisen. Besonders vor dem Hintergrund, weil es Martin Kleins Team gelingt, Gerichte von höchster kulinarischer Qualität auf die Teller zu bringen.

Johannes King verfolge ich schon recht lange, er war und ist für mich ein Vorbild für die Meeresküche und eine hochgradig ästhetische, kunstvolle Anrichteweise. Sollte sich die Gelegenheit ergeben, in Salzburg oder auf Sylt einen Platz zu ergattern, so kann ich dies nur empfehlen. In Salzburg geht dies noch bis Ende Mai.

Offenlegung: Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit der Johannes King GmbH und der Red Bull Hangar-7 GmbH. Auf den Inhalt des Artikels wurde kein Einfluss genommen.

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Das Konzept des Restaurants Ikarus in Salzburg ist besonders: Chefkoch Martin Klein lädt jeden Monat unter der Patronage von Eckhart Witzigmann einen neuen Gastkoch ein, der vier Wochen lang sein Menü serviert.

Die Liste der Köche kann sich dabei wahrlich sehen lassen: Spitzenköche aus der ganzen Welt geben und gaben ihr Stelldichein, darunter Christian Bau, Björn Frantzén, Sergio Herman, Grant Achatz, Massimo Bottura oder René Redzepi.

Das Restaurant Ikarus selbst ist mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet, angemessen, wenn man bedenkt, dass sich das Team von Monat zu Monat auf den individuellen Stil eines neuen Spitzenkochs einstellt.

Die Menüs eines Jahres finden regelmäßig Eingang in ein Ikarus-Kochbuch, den vierten Band aus dem Jahre 2017 habe ich hier rezensiert.

Johannes King ist der Gastkoch des Monats Mai

Im Mai 2018 kocht Johannes King und bringt dafür die Aromen seiner Sylter Meeresküche in die Alpen. Johannes King, selbst mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet, betreibt seit 2000 gemeinsam mit seinem Küchenchef Jan-Philipp Berner das Restaurant Söl’ring Hof in Rantum auf Sylt.

Durch die Nähe zur Nordsee ist es nicht weiter verwunderlich, dass seine Lieblingszutaten aus dem Meer, dem Watt und der direkten Umgebung des Restaurants kommen. Regionalität und hohe Qualität der Produkte sind leitende Prinzipien, die Saisonalität das führende Element.

Gerade in einem so besonderen Ökosystem wie dem des Wattenmeers sind viele Produkte nur sehr kurz verfügbar, es gilt, diese schönen Momente einzufangen und auf den Tellern der Gäste zu konservieren.

Genuss durch Verzicht

Die Kehrseite: viele erstklassige Produkte sind nicht das ganze Jahr verfügbar. „Man muss sich als Verbraucher einfach daran gewöhnen, dass nicht immer alles zu jeder Zeit verfügbar ist“, sagt Johannes King und meint damit, dass Nachhaltigkeit erst durch bewussten Verzicht entstehen kann.

Daraus erwächst aber auch ein Vorteil: mit einer Fokussierung auf Saisonalität geht eine erhöhte Produktqualität einher und damit ein gesteigerter Genuss: Lebensmittel auf dem Höhepunkt ihres Reifegrades werden frisch verarbeitet zu echten Delikatessen.

Und so ist sein Acht-Gang-Menü ein Best-of des Söl’ring Hofes, angepasst an den Frühling, bestechend durch feine Aromen, kunstvolle Optik und eine durchgängig hohe, dem Anspruch gerecht werdende Qualität.

Dabei fordert er seine Gäste durchaus, auf den Tellern finden sich Garnelenköpfe, Schnecken und Muscheln in unterschiedlichen Texturen, Formen und Gargraden. Das ist schön, lässt sich doch nur so das volle Spektrum einer Küche von Land und Meer authentisch transportieren.

Ein Menü von Land und Meer

Das Menü startet mit einigen Kleinigkeiten und zuallererst mit einer Auster „Sylter Royal“, wunderbar nach Meer duftend, angenehm salzig und gleichzeitig so wohlschmeckend, dass ich gerne auf die gereichte Zitrone verzichte. Dazu passt das servierte Bier („Watt Blondes“), das Alexandro Pape aus entsalztem Meerwasser braut, einem Abfallprodukt seiner Fleur-de-Sel-Herstellung.

Danach serviert Johannes King ein Duett aus Saibling, einmal als Tatar mit Krabben und Dill auf einem gebackenen Senfkrapfen, dann gebeizt mit confierten Zitronen, Zitronengel und Saiblingskaviar.

Es folgt ein weiteres Duett, diesmal bestehend aus einer gekochten, mit Rauchmayonnaise gefüllten und mit Felchenkaviar getoppten Kartoffel (welch Aroma!) und einem „Paket“ aus einem Tatar vom Rind, gepickeltem Rettich sowie einer ebenso mit Rauch aromatisierten Kieler Sprotte. Eine famose Kleinigkeit, mir gefiel das feine Spiel aus Süße und Säure, formidabel eingefangen durch das leichte Raucharoma sowie die weiche, samtige Textur.

Der erste Gang ist gleich einer meiner Favoriten, wunderbar harmonisch, dabei frühlingshaft frisch, knackig und durch die feine Säure ideal als Appetit-anregende Basis für die weiteren Gänge geeignet. „Salatgurke, Joghurt, Einkorn, Dill“ steht auf der Karte.

Die Gurke legt Johannes King kurz vor dem Service in einer Lake süß-sauer ein, vakuumiert beides, was den Vorgang beschleunigt. Das Ergebnis: eine immer noch knackige Gurke mit schönem Aroma. Darin angerichtet findet sich Einkorn als feste Textur, der Joghurt kommt als Espuma, die Gurke als kleine Deklination  roh und als erfrischendes Sorbet.

Der zweite Gang („Fjordforelle, Kohlrabi, Krabbe, Katenschinken, Alge“) bringt zum ersten Mal das Thema „Meer“ auf die Teller. Die zentrale Rolle spielt die Fjordforelle aus Norwegen, rohbelassen, dazu gepickelter Kohlrabi, frittierte Krabbenköpfe (meine ganz persönliche Entdeckung!), wunderbar knusprig, aromatischer Katenschinken sowie ein Sud aus den Krabbenschalen, Braunalge und der Speckschwarte des Schinken.

Dieser wird am Platz angegossen, fließt über die Lachsforelle, woraufhin sich ein leichter Schmelz bildet und der rohe Fisch mariniert auf die eifrig klappernden Löffel der Gäste wandert.

Die Braunalge dient dabei als Würzmittel: blanchiert, getrocknet und fein gemahlen findet sich diese als Pulver auf dem Gang.

Der begleitende Wein, ein 2016er Sauvignon Blanc vom Weingut Knipser harmoniert formidabel und ist für mich eines der passendsten Pairings des Abends.

Der dritte Gang ist eine Deklination des Kaisergranat, der auf zwei Tellern vollständige Verwertung findet: die Suppe aus den Schalen schmeckt rauchig gut, das Fleisch des Kaisergranats kommt mit Roter Bete, Raps und Meerrettich. Ein Gang, der mir schmeckt, mich im Vergleich aber nicht begeistert – was aber wohl an meiner ungleich geringen Affinität zu Krustentieren liegt.

Die Salzwiese auf dem Teller

Meine absoluten Highlights folgend direkt aufeinander. Der vierte Gang („Kabeljau, Salzwiesenkräuter, Brandade, Muschel“) ist eine Hommage an die Nordsee und ihre Gewächse.

Sobald die Wassertemperatur im Frühling Richtung 10°C klettert, beginnen sie zu sprießen und zu wachsen. Die Kräuter wachsen im Wattenmeer und werden durch Ebbe und Flut bis zu 250 Mal im Jahr mit Salzwasser überflutet, solch raue Bedingungen erfordern eine Menge Anpassungsfähigkeit und Überlebenskunst. Salzwiesenkräuter nutzen den nährstoffreichen Boden und trotzen dem hohen Salzgehalt und sind genau deswegen sehr aromatisch.

Im Gericht finden sich Queller, Strandwermut und Strandportulak, begleitet von einem perfekt gegartem Kabeljau, einer Auswahl an Muscheln, Wattschnecken und einer Brandade, jener Mousse aus Fisch und Gemüse.

Das Gericht erhält seine Würze, seine Salzigkeit einzig durch die Salzwiesenkräuter und den Sud aus Muschelsaft, Brunnenkresseöl und etwas Milch. Dabei verwendet Johannes King mehrere Muschelsäfte, denn je nach Muschel schmecken diese anders. Sein „Cuvee“ hat eine geschmackliche Tiefe, ist rund und sehr aromatisch.

Apropos: der Salzwiesengang besticht durch jodige Aromen und versetzt die Sinne sofort ans Meer. Ich kann mir gut vorstellen, wie sich der Genuss dieses Gerichts im Söl’ring Hof direkt am Meer um einige Prozente steigert, wenn neben dem olfaktorischen und gustatorischen Genuss auch die übrigen Sinneseindrücke heterogen unterstützen. Ein wahrhaft großer Teller!

Schnecken aus Moers

Der sehr freundliche Sommelier kommt an den Tisch und gießt den nächsten Wein ein, was mir bereits ein freudiges Lächeln auf das Gesicht zaubert: ein 2016er Silvaner, GG, von Horst Sauer aus dem Frankenland, ein toller Wein.

Es folgt das beste Pairing des Abends und der beste Gang: Schnecken aus Moers.

Schnecken fordern. Schnecken zu essen ist für die große Mehrheit der Gäste eine Herausforderung. Ich habe Respekt vor Johannes King, dass er seinen Gästen diese kulinarische Erfahrung zu-mutet (bewusst mit Bindestrich geschrieben) und darauf vertraut, dass die Gäste auf ihren Mut vertrauen. Eine Erfahrung, die die breite Mehrheit nicht bereuen dürfte. Johannes Kings Schneckengang gehört für mich zu den wohl fünf bis zehn besten Tellern, die ich bislang essen durfte. Das Gericht lebt von einer unglaublichen Harmonie, einem geschmacklich wie texturell beeindruckenden Gleichklang mit feinen Aromen und einem dennoch hervorstechenden Hauptakteur: den Schnecken.

Diese brät das Team lediglich, so erhalten sie den feinen nussigen Geschmack und den angenehmen, recht festen Biss, der sich wohl am ehesten mit einem sous-vide gegarten Tintenfisch vergleichen lässt.

Dazu gibt es einen in Kräuter gewälzten Ricottakloß, Zwiebeln in verschiedenen Texturformen, einem gebeizten Eigelb sowie einer grasgrünen Lauchsoße, der jede zwiebelige Schärfe genommen aber der ganze Geschmack gelassen wurde.

Der Hauptgang: Ochsenrippe, Sellerie, Haselnuss und Pumpernickel

Obgleich der Hauptgang perfekt zubereitet ist, kann er für mich persönlich nicht an die geschmackliche Erfahrung des Schneckenganges anknüpfen. Rein konzeptuell verstehe ich Johannes Kings Ansinnen, nach einer anspruchsvollen Reise durch das Meer einen weniger herausfordernden Gang als Hauptgang zu servieren, etwas, das erdet und seine Gäste in bekanntere Gefilde zurückführt.

Dennoch habe ich den Eindruck einer zu früh beendeten, vorher famos gesteigerten Klimax, was dem Hauptgang aber schlicht nicht gerecht wird.

Das Fleisch ist butterzart, das Selleriepüree wunderbar weich, die Stücke vom im Salzteig gebackenen Sellerie sind aromatisch, die Nüsse dazu gut und die Sauce ein Traum. Für mich Inspiration, wie ich meine Sellerie-Gerichte in Zukunft weiterentwickeln kann.

Der süße Abschluss

Als Dessert serviert die Patisserie ein gefülltes Gänseei (welch Aufwand!) mit einem Kompott aus Rhabarber, einer Crème aus Kondensmilch, einem Buttermilchsorbet, Estragonespuma und Minzsirup.

Bestechend: die Kombination aus Rhabarber und Estragon. Klau ich.

Fazit

Für mich war es eine Doppelpremiere: ich war zum ersten Mal im Restaurant Ikarus und zum ersten Mal bei Johannes King essen.

Es lohnt sich, das Programm des Ikarus gut im Auge zu behalten: es ist deutlich einfacher, internationale Spitzenküche in Salzburg zu genießen, als quer durch die Welt zu reisen. Besonders vor dem Hintergrund, weil es Martin Kleins Team gelingt, Gerichte von höchster kulinarischer Qualität auf die Teller zu bringen.

Johannes King verfolge ich schon recht lange, er war und ist für mich ein Vorbild für die Meeresküche und eine hochgradig ästhetische, kunstvolle Anrichteweise. Sollte sich die Gelegenheit ergeben, in Salzburg oder auf Sylt einen Platz zu ergattern, so kann ich dies nur empfehlen. In Salzburg geht dies noch bis Ende Mai.

Offenlegung: Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit der Johannes King GmbH und der Red Bull Hangar-7 GmbH. Auf den Inhalt des Artikels wurde kein Einfluss genommen.

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6 Comments

  1. Kochazubi 7. Mai 2018 at 18:41 - Reply

    Tolle Einblicke und grandiose Fotos! Hier ist sehr viel Leidenschaft und Liebe zum Detail zu erkennen. Vielen Dank fürs Teilhaben lassen!

  2. Ela 8. Mai 2018 at 05:45 - Reply

    Hervorragend angerichtete Teller. Da läuft einem das Wasser im Mund zusammen.
    Es sind aber auch sehr toll gemachte Bilder

  3. Bernd Schmitt 19. Mai 2018 at 15:48 - Reply

    Hallo Uwe,
    sehr schöner Bericht und tolle Bilder. Ich war im letzten Jahr eine Woche im Söl`ring Hof als Gast. Wir konnten die Kochkunst von Johannes und seinem Team in vollen Zügen genießen. Das ging beim Frühstück schon los – aller “ERSTE SAHNE”. Da kommt das Buffet zum Gast. Das hatten wir so auch noch nicht erlebt.
    Im Juli 18 besuchen wir den Hangar 7, ja was soll ich sagen knapp den Johannes verpasst.
    Weiter so mit Deiner Seite, finde ich toll.
    Grüße aus dem Odenwald

    • Uwe 21. Mai 2018 at 09:07 - Reply

      Viel Spaß dennoch in Salzburg – es lohnt sich, wie ich finde. Wer kocht im Juli?

      • Bernd Schmitt 27. Mai 2018 at 18:17 - Reply

        Hallo Uwe,
        es ist ein Schweizer, Sven Wassmer. Ich werde berichten wie er kocht.
        Grüße aus dem Odenwald

  4. Bernd Schmitt 10. Februar 2019 at 15:29 - Reply

    Grüß Dich Uwe,
    das hat aber jetzt ne` Weile gedauert. Es war toll letztes Jahr im Ikarus. Nachfolgend das Menü, es war eine sehr schöne Erfahrung in Salzburg.
    Kann bzw. Darf man auch Bilder in dem Kommentar einfügen?
    Grüße aus dem Odenwald

    Snacks
    Salatherzen | Kopfsalatmousse | Fenchel
    Sellerie | Schweizer Ameisen
    Buchweizen | Sauerklee | Moosstaub
    Hühnerpraline | Heu | Waldpilze
    Kapuzinerblüte | Bergkäsecreme
    Menü Sven Wassmer
    Rinder Tatar | Blumenkohl | Wiesenkräuter
    ***
    Albeli Kaviar | Reismilch | Kombu | Kohlrabi
    ***
    Ausseer Saibling | Gebrannter Rahm | Tanne
    ***
    Alpine Dim Sum | CH-Dashi | Trockenfleisch
    ***
    „Rande 2.0“ | Hühnerhaut
    ***
    Schweineschwanz | XO Sauce | Brokkoli
    ***
    Wollschwein | Fermentierter Lauch | Salzzitrone
    ***
    Barrel-aged Negroni | Grapefruit Sorbet
    ***
    Fermentierte Rohmilch | Erdbeeren | Petersilie | Fasnacht Küchli

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