Urkorn-Orzotto mit Zichorie

Urkorn-Orzotto mit Zichorie

Veröffentlicht am 24. Mai 2022 |

Lesezeit: 5 Minuten

Bereit für etwas Experimentierfreudigkeit? Das Gericht spielt mit der Süße des Getreides, der angenehmen Säure der Buttermilch und der feinen Bitteraromen durch Bockshornkleeblätter und Zichorienstaub.

Bevor wir loslegen: Ich weiss. Ein “Orzotto” ist eine Art Risotto nur aus Perlgraupen, also Gerste. Und nicht aus Urkörnern. Urkorn-Risotto wäre aber genauso falsch, da ein Risotto nunmal aus Reis gekocht wird. Da Orzotto aber ein Gericht aus Getreide beschreibt, ist es für mich der weniger falsche Begriff.

Gemeint ist eher die Zubereitung, die sehr an die eines Risottos angelehnt ist: das Getreide gart langsam in Gemüsebrühe, die immer wieder heiß zugeschöpft wird, bis das Getreide “al dente” ist.

Das ist (mir) wichtig, die Urkörner dürfen und sollen durchaus noch einen gewissen Biss besitzen und keinesfalls Brei-weich gekocht sein.

Das Orzotto stammt originär aus Südtirol, Inspiration zu diesem Gericht gab der südtiroler Spitzenkoch Norbert Niederkofler in einer der letzten Kitchen-Impossible-Folgen (wer eine Quelle für viele der bei Kitchen Impossible gekochten Gerichte sucht, der sollte sich einmal bei Tina umsehen – sie hat ein großes Archiv dafür aufgebaut). Das Gericht verwendet durch die Bank Zutaten, wie sie im alpinen Raum Südtirols in der Landwirtschaft stetig vorhanden waren: Gerste auf dem Feld, Käse, Buttermilch und Butter in den Almen, Zichorie als Kaffee-Ersatz.

Urkorn statt Gerste

Mein Urkorn-Mix beinhaltet Einkorn, Emmer und Dinkel, Sorten, die nicht für maximalen Ertrag fitgezüchtet wurden und durch einen geringeren Nährstoffbedarf zudem die Umwelt beim Anbau schonen. Darüber hinaus beinhalten diese Getreidesorten mehr Nährstoffe und schmecken intensiver – alles Gründe, die mich gerne zu den Urkörnern greifen lassen. Zudem hat der Anbau von Emmer und Einkorn in den fränkischen Breiten eine lange Tradition und die Bedeutung von Regionalität sollte mittlerweile keine Unbekannte mehr sein.

Wie man Orzotto kocht

Die Zubereitung des Orzotto ist simpel. Das Getreide wird zunächst trocken geröstet, um den Geschmack zu intensivieren und einige Röstaromen in das Gericht zu bringen. Nun erfolgt ein Prozess wie beim Kochen eines Risottos: heiße Gemüsebrühe wird schluckweise angegossen, bis das Getreide “al dente” ist.

Nach einer Reduktion der Hitze gibt man nun Butter, Buttermilch, Käse und Bockshornkleeblätter zu. Das Orzotto darf nun nicht mehr kochen, da die Buttermilch sonst ausflockt und sich nicht mit dem Käse und der Butter zu einer sämigen Sauce verbindet. Die Stärke im Urkorn sorgt zudem für die angestrebte “schlotzige” Konsistenz.

Getrocknete Bockshornkleeblätter sind in der deutschen Küche selten geworden, heute kennt man diese eher als “Kasuri Methi” aus der indischen Küche. Wer also nach einer Bezugsquelle sucht, sollte den indischen Namen bei der Recherche benutzen (oder hier beziehen*).

Die Bockshornkleeblätter geben dem Orzotto einen leicht bitter-aromatischen Geschmack. Die Blätter sind nicht so intensiv wie die Samen und überlagern so nicht die angenehme Säure aus der Buttermilch und die Süße des Getreides.

Was ist Zichorie?

Als letzte Komponente wird am Ende Zichorienstaub über das Risotto gestreut. Dabei handelt es sich um die gerösteten, getrockneten und gemahlenen Wurzeln der Wegwarte (ein Zichoriengewächs, zu denen z. B. auch der Chicoree gehört). Gemahlene Zichorienwurzel besitzt ein bitteres, leicht karamelliges bisweilen holziges Aroma und wurde im 19. Jahrhundert gerne als Kaffee-Ersatz verwendet, weswegen man Zichorienwurzel heute als Zichorienkaffee bekommt.

Kaffee-Liebhaber werden den Geschmack also mögen, Personen, die eine Aversion gegenüber Bitterstoffen im Allgemeinen und Kaffee im Besonderen haben, werden sich eher schwertun. Ich rate daher bei der Dosierung zur Vorsicht.

Am Einfachsten geht dies, indem man den Zichorienkaffee (hier beziehen*) mit einer Gewürzmühle fein mahlt und mit einem Teesieb vorsichtig über das angerichtete Orzotto streut. Der Zichorienstaub gibt dem Gericht eine gewisse Tiefe und schaffe einen schönen Gegenpol zur Säure und Süße des Gerichts.

Alternative Zubereitung mit Koji-Buttermilch

Für die Zubereitung verwendete ich die übrig gebliebene Buttermilch aus der Herstellung von Koji-Butter.

Dafür reife ich Sahne etwa 24 Stunden mit Koji, was einen vollmundigeren, runderen Geschmack provoziert. Nach dem Schlagen der Sahne trennt sich die Butter von der Buttermilch. Diese besitzt noch keine ausgeprägte Säure, dafür aber die wohlschmeckende Mundfülle durch den Koji-Reifeprozess. Das Ergebnis im Orzotto ist mehr Umami, mehr Geschmack sowie eine gute Verwendung der übrig bleibenden Butter aus dem Butter-Herstellungsprozess.

Und ganz konsequent wird die Koji-Umsetzung, wenn die verwendete Butter eine gut gereifte Koji-Butter ist.

Rezept

Dauer: Ca. 30-40 Minuten

Zutaten

400 g Urgetreide-Mix aus Einkorn, Dinkel und Emmer, zu gleichen Teilen
1 L Gemüsebrühe
500 ml Buttermilch
100 g Butter
100 g Bergkäse, gerne kräftig
1 EL Bockshornkleeblätter (Bezugsquelle*)
Etwas Salz
Etwas Zichorienkaffee (Bezugsquelle*)
Wer mag: Schnittlauchblüten

Zubereitung

Den Urgetreide-Mix ein paar Minuten trocken in einem Topf rösten. Dann mit 1/3 der Gemüsebrühe ablöschen. Die Gemüsebrühe einkochen lassen und ähnlich wie bei der Zubereitung eines Risottos stetig Gemüsebrühe zuführen, bis das Urgetreide al dente gegart ist. Das dauert etwa 20 Minuten. Dabei stetig rühren.

Nun die Hitze reduzieren – das Orzotto darf nicht mehr kochen. Dann die geschüttelte Buttermilch, Butter, Bergkäse und Bockshornkleeblätter zugeben und stetig weiter rühren, bis das Orzotto eine Risotto-ähnliche Konsistenz hat. Der Käse sollte zerlaufen sein und mit der Butter und der Buttermilch eine sämige Sauce gebildet haben.

Mit Salz abschmecken.

Den Zichorienkaffee mit einer Gewürzmühle fein mahlen.

Das Orzotto auf vorgewärmten Tellern anrichten und den Zichorienstaub mit einem Teesieb dünn auf das Orzotto stäuben. Mit Schnittlauchblüten garnieren.

Quelle: Norbert Niederkofler

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Bereit für etwas Experimentierfreudigkeit? Das Gericht spielt mit der Süße des Getreides, der angenehmen Säure der Buttermilch und der feinen Bitteraromen durch Bockshornkleeblätter und Zichorienstaub.

Bevor wir loslegen: Ich weiss. Ein “Orzotto” ist eine Art Risotto nur aus Perlgraupen, also Gerste. Und nicht aus Urkörnern. Urkorn-Risotto wäre aber genauso falsch, da ein Risotto nunmal aus Reis gekocht wird. Da Orzotto aber ein Gericht aus Getreide beschreibt, ist es für mich der weniger falsche Begriff.

Gemeint ist eher die Zubereitung, die sehr an die eines Risottos angelehnt ist: das Getreide gart langsam in Gemüsebrühe, die immer wieder heiß zugeschöpft wird, bis das Getreide “al dente” ist.

Das ist (mir) wichtig, die Urkörner dürfen und sollen durchaus noch einen gewissen Biss besitzen und keinesfalls Brei-weich gekocht sein.

Das Orzotto stammt originär aus Südtirol, Inspiration zu diesem Gericht gab der südtiroler Spitzenkoch Norbert Niederkofler in einer der letzten Kitchen-Impossible-Folgen (wer eine Quelle für viele der bei Kitchen Impossible gekochten Gerichte sucht, der sollte sich einmal bei Tina umsehen – sie hat ein großes Archiv dafür aufgebaut). Das Gericht verwendet durch die Bank Zutaten, wie sie im alpinen Raum Südtirols in der Landwirtschaft stetig vorhanden waren: Gerste auf dem Feld, Käse, Buttermilch und Butter in den Almen, Zichorie als Kaffee-Ersatz.

Urkorn statt Gerste

Mein Urkorn-Mix beinhaltet Einkorn, Emmer und Dinkel, Sorten, die nicht für maximalen Ertrag fitgezüchtet wurden und durch einen geringeren Nährstoffbedarf zudem die Umwelt beim Anbau schonen. Darüber hinaus beinhalten diese Getreidesorten mehr Nährstoffe und schmecken intensiver – alles Gründe, die mich gerne zu den Urkörnern greifen lassen. Zudem hat der Anbau von Emmer und Einkorn in den fränkischen Breiten eine lange Tradition und die Bedeutung von Regionalität sollte mittlerweile keine Unbekannte mehr sein.

Wie man Orzotto kocht

Die Zubereitung des Orzotto ist simpel. Das Getreide wird zunächst trocken geröstet, um den Geschmack zu intensivieren und einige Röstaromen in das Gericht zu bringen. Nun erfolgt ein Prozess wie beim Kochen eines Risottos: heiße Gemüsebrühe wird schluckweise angegossen, bis das Getreide “al dente” ist.

Nach einer Reduktion der Hitze gibt man nun Butter, Buttermilch, Käse und Bockshornkleeblätter zu. Das Orzotto darf nun nicht mehr kochen, da die Buttermilch sonst ausflockt und sich nicht mit dem Käse und der Butter zu einer sämigen Sauce verbindet. Die Stärke im Urkorn sorgt zudem für die angestrebte “schlotzige” Konsistenz.

Getrocknete Bockshornkleeblätter sind in der deutschen Küche selten geworden, heute kennt man diese eher als “Kasuri Methi” aus der indischen Küche. Wer also nach einer Bezugsquelle sucht, sollte den indischen Namen bei der Recherche benutzen (oder hier beziehen*).

Die Bockshornkleeblätter geben dem Orzotto einen leicht bitter-aromatischen Geschmack. Die Blätter sind nicht so intensiv wie die Samen und überlagern so nicht die angenehme Säure aus der Buttermilch und die Süße des Getreides.

Was ist Zichorie?

Als letzte Komponente wird am Ende Zichorienstaub über das Risotto gestreut. Dabei handelt es sich um die gerösteten, getrockneten und gemahlenen Wurzeln der Wegwarte (ein Zichoriengewächs, zu denen z. B. auch der Chicoree gehört). Gemahlene Zichorienwurzel besitzt ein bitteres, leicht karamelliges bisweilen holziges Aroma und wurde im 19. Jahrhundert gerne als Kaffee-Ersatz verwendet, weswegen man Zichorienwurzel heute als Zichorienkaffee bekommt.

Kaffee-Liebhaber werden den Geschmack also mögen, Personen, die eine Aversion gegenüber Bitterstoffen im Allgemeinen und Kaffee im Besonderen haben, werden sich eher schwertun. Ich rate daher bei der Dosierung zur Vorsicht.

Am Einfachsten geht dies, indem man den Zichorienkaffee (hier beziehen*) mit einer Gewürzmühle fein mahlt und mit einem Teesieb vorsichtig über das angerichtete Orzotto streut. Der Zichorienstaub gibt dem Gericht eine gewisse Tiefe und schaffe einen schönen Gegenpol zur Säure und Süße des Gerichts.

Alternative Zubereitung mit Koji-Buttermilch

Für die Zubereitung verwendete ich die übrig gebliebene Buttermilch aus der Herstellung von Koji-Butter.

Dafür reife ich Sahne etwa 24 Stunden mit Koji, was einen vollmundigeren, runderen Geschmack provoziert. Nach dem Schlagen der Sahne trennt sich die Butter von der Buttermilch. Diese besitzt noch keine ausgeprägte Säure, dafür aber die wohlschmeckende Mundfülle durch den Koji-Reifeprozess. Das Ergebnis im Orzotto ist mehr Umami, mehr Geschmack sowie eine gute Verwendung der übrig bleibenden Butter aus dem Butter-Herstellungsprozess.

Und ganz konsequent wird die Koji-Umsetzung, wenn die verwendete Butter eine gut gereifte Koji-Butter ist.

Rezept

Dauer: Ca. 30-40 Minuten

Zutaten

400 g Urgetreide-Mix aus Einkorn, Dinkel und Emmer, zu gleichen Teilen
1 L Gemüsebrühe
500 ml Buttermilch
100 g Butter
100 g Bergkäse, gerne kräftig
1 EL Bockshornkleeblätter (Bezugsquelle*)
Etwas Salz
Etwas Zichorienkaffee (Bezugsquelle*)
Wer mag: Schnittlauchblüten

Zubereitung

Den Urgetreide-Mix ein paar Minuten trocken in einem Topf rösten. Dann mit 1/3 der Gemüsebrühe ablöschen. Die Gemüsebrühe einkochen lassen und ähnlich wie bei der Zubereitung eines Risottos stetig Gemüsebrühe zuführen, bis das Urgetreide al dente gegart ist. Das dauert etwa 20 Minuten. Dabei stetig rühren.

Nun die Hitze reduzieren – das Orzotto darf nicht mehr kochen. Dann die geschüttelte Buttermilch, Butter, Bergkäse und Bockshornkleeblätter zugeben und stetig weiter rühren, bis das Orzotto eine Risotto-ähnliche Konsistenz hat. Der Käse sollte zerlaufen sein und mit der Butter und der Buttermilch eine sämige Sauce gebildet haben.

Mit Salz abschmecken.

Den Zichorienkaffee mit einer Gewürzmühle fein mahlen.

Das Orzotto auf vorgewärmten Tellern anrichten und den Zichorienstaub mit einem Teesieb dünn auf das Orzotto stäuben. Mit Schnittlauchblüten garnieren.

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4 Comments

  1. Martin 25. Mai 2022 at 14:24 - Reply

    Hallo Uwe, schön wieder von Dir zu lesen. Ich habe Deine Ideen schon vermisst. Das Orzotto gibt’s zu Pfingsten.
    Viele Grüße aus Würzburg, Martin

    • Uwe Spitzmüller 26. Mai 2022 at 09:27 - Reply

      Hi Martin, danke Dir für Deinen Kommentar! Habe mir eine kreative Schaffenspause gegönnt, das tut manchmal eînfach gut. Nun geht’s aber frisch und munter weiter. Gutes Gelingen für Pfingsten!

  2. Jesse-Gabriel 25. Mai 2022 at 22:23 - Reply

    Klingt super, schön wieder etwas von dir zu lesen!
    Grüße,
    Jesse-Gabriel

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