Kartoffeln mit Bergamotten-Beurre-Blanc und Forellenrogen

Kartoffeln mit Bergamotten-Beurre-Blanc und Forellenrogen

Veröffentlicht am 12. Januar 2021 |

Lesezeit: 4 Minuten

Es war im Sommer 2019, als ich auf dem Heimweg vom Büro in der S-Bahn durch die Ausgabe Nr. 50 der Port Culinaire blätterte. Jürgen Dollase widmete sich in einem ausführlichen Artikel der Arbeit von Mauro Colagreco, Chefkoch im mit drei Michelin-Sternen ausgezeichneten Restaurant “Mirazur”.

Eines der abgebildeten und besprochenen Rezepte begeisterte mich sofort: “Junge Kartoffeln aus dem Garten, Sudachisauce, Forellenrogen”. Ich konnte mir den Geschmack genau vorstellen und bekam im Zug plötzlichen Heißhunger, das Wasser lief mir im Munde zusammen.

Allein die Beschreibung des Kochvorgangs der Kartoffeln versetzte mich in Verzückung: “Wasser, Butter, Thymian und Rosmarin in einem Topf erhitzen. Die Kartoffeln mit Haut leicht darin köcheln lassen, ohne den Siedepunkt zu erreichen, damit die Kartoffen weich und cremig werden.”

Weiche, cremige Kartoffeln, speckig glänzend, dazu Butter – mehr musste ich nicht lesen. Bamberger Hörnla stellte ich mir mit ihrem nussigen Aroma und intensiven Eigengeschmack gut vor, ich war auch überzeugt, dass die Bamberger Hörnla die Säure der Sauce (Sudachi ist eine recht saure Zitrusfrucht aus Japan) gut vertragen könnten.

Für meine Interpretation ersetzte ich die jungen Kartoffeln durch Bamberger Hörnla und die Sudachi durch Bergamotten, die weniger sauer und dadurch gefälliger im Geschmack sind.

Die Kartoffeln koche ich in einer Mischung aus Wasser und Butter, was den Eigengeschmack der Kartoffeln hebt und die Textur nachhaltig verbessert. Die Sauce ist eine einfache Beurre Blanc aus Butter, Kartoffelkochwasser und Bergamottensaft. Die Konsistenz der Sauce ähnelt der einer dünnen, vom Löffel fließenden Mayonnaise.

Mehr Kartoffelgerichte

“Schlachtschüssel” aus dem Restaurant Sosein

Ochsenbäckchen mit Kartoffelaioli

Gänseherzen mit Kartoffel-Camembert-Püree

Handwerkliches Fingerspitzengefühl ist beim Abstimmen der Säure gefragt: auch wenn ich das Originalgericht nicht gegessen habe, so stelle ich mir die Säure aufgrund der im Rezept in der Port Culinaire angegebenen Menge recht stark und dominant vor. Meine eigene Vision war die einer zwar dominierenden, aber dennoch gefälligen Säurekomponente. Ich habe mich mit der Menge an Bergamottensaft herangetastet und bin bei der Zugabe von etwa 15 Gramm gelandet – ich bitte jeden, der dieses Rezept nachkocht, hier nach eigenem Gusto abzuschmecken. Was mir gefällig erscheint, mag für andere bereits zu sauer und umgekehrt sein.

Begeistert hat mich – neben dem Geschmack – das Mundgefühl. Den Sellerie hatte ich in feine Brunoise geschnitten, so dass die Würfelchen ein wenig kleiner als der Forellenrogen waren. Dadurch ergibt sich im Mund ein interessantes Spiel aus knackigem Sellerie und aufplatzendem Forellenrogen, was zusammen mit den Kartoffeln sehr harmonisch ist. Auf dem Foto des Originalgerichts meine ich zu erkennen, dass der Sellerie im Mirazur sogar mit einem Kugelausstecher rund ausgestochen wird, so dass die Kügelchen exakt die gleiche Größe wie der Forellenrogen haben. Drei-Sterne-Niveau eben, dem Mundgefühl aber ungemein zuträglich, wenn auch beim Sellerie keine “Ecken und Kanten” zu spüren sind.

Jürgen Dollase beschreibt die im Originalrezept enthaltenen Korianderblüten als Kernelement für die Komposition, was ich gerne probiert hätte, aber mangels saisonaler Verfügbarkeit der Blüten im Winter gelassen habe.

Rezept

Dauer: Ca. 60 Minuten, davon ca. 30 Minuten Zubereitungszeit

Kartoffeln

16 Bamberger Hörnla
500 ml Wasser
125 g Butter
1 Prise Salz

Die Kartoffeln waschen. Die Butter im Wasser auflösen und beides zum Kochen bringen, dann die Hitze reduzieren (die Flüssigkeit soll nicht mehr kochen), Salz zugeben und die Kartoffeln darin garen (das dauert etwa 30-40 Minuten).

Danach das Butterwasser bis auf 50 ml abgießen und die Kartoffeln schälen und halbieren.

Bergamotten-Beurre-Blanc

125 g kalte Butter
15 g Bergamotten-Saft
25 g Butterwasser (vom Kochen der Kartoffeln)
Etwas Salz

Butterwasser und Bergamottensaft erhitzen (nicht kochen!) und die kalte Butter mit einem Schneebesen unterrühren, so dass eine Konsistenz vergleichbar mit einer dünnen Mayonnaise entsteht.

Die Beurre Blanc mit Salz und ggf. etwas mehr Bergamotten-Saft abschmecken, sollte sie nicht säuerlich genug sein.

Anrichten

3 EL Forellenrogen
50 g Sellerie
Wenig frischer Schnittlauch

Den Sellerie in Brunoise schneiden, den Schnittlauch in Röllchen. Sellerie, Schnittlauch und Forellenrogen mit der Beurre Blanc vermischen, dann die Kartoffeln zugeben.

In Schalen anrichten.

Hinweis: Im Restaurant Mirazur erfolgt das Finish mit Korianderblüten.

KEINEN BEITRAG MEHR VERPASSEN?
Ich benachrichtige Dich gerne bei Neuerscheinen eines Artikels unkompliziert per E-Mail - zudem kannst Du Dir meine E-Books kostenfrei herunterladen.
JETZT ANMELDEN
Kein Spam! Versprochen!
Ich gebe Deine Daten niemals weiter. Informationen zu Datenschutz, Analyse und Widerruf.

Es war im Sommer 2019, als ich auf dem Heimweg vom Büro in der S-Bahn durch die Ausgabe Nr. 50 der Port Culinaire blätterte. Jürgen Dollase widmete sich in einem ausführlichen Artikel der Arbeit von Mauro Colagreco, Chefkoch im mit drei Michelin-Sternen ausgezeichneten Restaurant “Mirazur”.

Eines der abgebildeten und besprochenen Rezepte begeisterte mich sofort: “Junge Kartoffeln aus dem Garten, Sudachisauce, Forellenrogen”. Ich konnte mir den Geschmack genau vorstellen und bekam im Zug plötzlichen Heißhunger, das Wasser lief mir im Munde zusammen.

Allein die Beschreibung des Kochvorgangs der Kartoffeln versetzte mich in Verzückung: “Wasser, Butter, Thymian und Rosmarin in einem Topf erhitzen. Die Kartoffeln mit Haut leicht darin köcheln lassen, ohne den Siedepunkt zu erreichen, damit die Kartoffen weich und cremig werden.”

Weiche, cremige Kartoffeln, speckig glänzend, dazu Butter – mehr musste ich nicht lesen. Bamberger Hörnla stellte ich mir mit ihrem nussigen Aroma und intensiven Eigengeschmack gut vor, ich war auch überzeugt, dass die Bamberger Hörnla die Säure der Sauce (Sudachi ist eine recht saure Zitrusfrucht aus Japan) gut vertragen könnten.

Für meine Interpretation ersetzte ich die jungen Kartoffeln durch Bamberger Hörnla und die Sudachi durch Bergamotten, die weniger sauer und dadurch gefälliger im Geschmack sind.

Die Kartoffeln koche ich in einer Mischung aus Wasser und Butter, was den Eigengeschmack der Kartoffeln hebt und die Textur nachhaltig verbessert. Die Sauce ist eine einfache Beurre Blanc aus Butter, Kartoffelkochwasser und Bergamottensaft. Die Konsistenz der Sauce ähnelt der einer dünnen, vom Löffel fließenden Mayonnaise.

Mehr Kartoffelgerichte

“Schlachtschüssel” aus dem Restaurant Sosein

Ochsenbäckchen mit Kartoffelaioli

Gänseherzen mit Kartoffel-Camembert-Püree

Handwerkliches Fingerspitzengefühl ist beim Abstimmen der Säure gefragt: auch wenn ich das Originalgericht nicht gegessen habe, so stelle ich mir die Säure aufgrund der im Rezept in der Port Culinaire angegebenen Menge recht stark und dominant vor. Meine eigene Vision war die einer zwar dominierenden, aber dennoch gefälligen Säurekomponente. Ich habe mich mit der Menge an Bergamottensaft herangetastet und bin bei der Zugabe von etwa 15 Gramm gelandet – ich bitte jeden, der dieses Rezept nachkocht, hier nach eigenem Gusto abzuschmecken. Was mir gefällig erscheint, mag für andere bereits zu sauer und umgekehrt sein.

Begeistert hat mich – neben dem Geschmack – das Mundgefühl. Den Sellerie hatte ich in feine Brunoise geschnitten, so dass die Würfelchen ein wenig kleiner als der Forellenrogen waren. Dadurch ergibt sich im Mund ein interessantes Spiel aus knackigem Sellerie und aufplatzendem Forellenrogen, was zusammen mit den Kartoffeln sehr harmonisch ist. Auf dem Foto des Originalgerichts meine ich zu erkennen, dass der Sellerie im Mirazur sogar mit einem Kugelausstecher rund ausgestochen wird, so dass die Kügelchen exakt die gleiche Größe wie der Forellenrogen haben. Drei-Sterne-Niveau eben, dem Mundgefühl aber ungemein zuträglich, wenn auch beim Sellerie keine “Ecken und Kanten” zu spüren sind.

Jürgen Dollase beschreibt die im Originalrezept enthaltenen Korianderblüten als Kernelement für die Komposition, was ich gerne probiert hätte, aber mangels saisonaler Verfügbarkeit der Blüten im Winter gelassen habe.

Rezept

Dauer: Ca. 60 Minuten, davon ca. 30 Minuten Zubereitungszeit

Kartoffeln

16 Bamberger Hörnla
500 ml Wasser
125 g Butter
1 Prise Salz

Die Kartoffeln waschen. Die Butter im Wasser auflösen und beides zum Kochen bringen, dann die Hitze reduzieren (die Flüssigkeit soll nicht mehr kochen), Salz zugeben und die Kartoffeln darin garen (das dauert etwa 30-40 Minuten).

Danach das Butterwasser bis auf 50 ml abgießen und die Kartoffeln schälen und halbieren.

Bergamotten-Beurre-Blanc

125 g kalte Butter
15 g Bergamotten-Saft
25 g Butterwasser (vom Kochen der Kartoffeln)
Etwas Salz

Butterwasser und Bergamottensaft erhitzen (nicht kochen!) und die kalte Butter mit einem Schneebesen unterrühren, so dass eine Konsistenz vergleichbar mit einer dünnen Mayonnaise entsteht.

Die Beurre Blanc mit Salz und ggf. etwas mehr Bergamotten-Saft abschmecken, sollte sie nicht säuerlich genug sein.

Anrichten

3 EL Forellenrogen
50 g Sellerie
Wenig frischer Schnittlauch

Den Sellerie in Brunoise schneiden, den Schnittlauch in Röllchen. Sellerie, Schnittlauch und Forellenrogen mit der Beurre Blanc vermischen, dann die Kartoffeln zugeben.

In Schalen anrichten.

Hinweis: Im Restaurant Mirazur erfolgt das Finish mit Korianderblüten.

KEINEN BEITRAG MEHR VERPASSEN?
Ich benachrichtige Dich gerne bei Neuerscheinen eines Artikels unkompliziert per E-Mail - zudem kannst Du Dir meine E-Books kostenfrei herunterladen.
JETZT ANMELDEN
Kein Spam! Versprochen!
Ich gebe Deine Daten niemals weiter. Informationen zu Datenschutz, Analyse und Widerruf.

Hinterlasse einen Kommentar

4 Comments

  1. Robert Weiser 18. Januar 2021 at 19:54 - Reply

    Ich bekomme nach Newsletter Anmeldung keine Bestätigungsmail –

    Habe schon ziemlich viel ausprobiert – auch die FAQs leider funktioniert bei mir nichts

  2. ACAD-Profy 19. Januar 2021 at 08:41 - Reply

    Können Sie bitte Newsletter Anmeldung fixen?

  3. Jens 25. Januar 2021 at 08:16 - Reply

    Hallo, ich muss die Quellenangaben einfach mal loben! Es ist wirklich schön zu lesen, woher die Inspiration für Gerichte und die Kombination von Zutaten kommen.
    Macht die Butter im Kartoffelwasser wirklich einen solchen Unterschied aus? Dann muss das auch einmal getestet werden. Auch die Verwendung des Kochwassers finde ich klasse.

  4. Till 14. Oktober 2022 at 00:27 - Reply

    Koche das Gericht morgen zum zweiten Mal nach. Die Kartoffeln unter dem Siedepunkt mit Butter gegart sind ein Traum und die Gans schon viel öfter… aktuell noch Erbsenblüten von den Gründüngerfeldern dazu anstatt des Korianders. Einfach ein sensationelles Gericht. Gerade durch die Schlichtheit bestechend

Leave A Comment

Weitere Artikel

  • La Vignarola Franca

    Published On: 23. April 2024
  • Dry-aged Schweinekotelett, Kirschragout und Blumenkohlpüree

    Published On: 16. April 2024
  • Bittersalat mit reduzierter Molke, Nüssen, Johannisbeeren und gebundenem Fett

    Published On: 9. April 2024