Fränkisches Sushi aus dem Restaurant Sosein**

Fränkisches Sushi aus dem Restaurant Sosein**

8. Februar 2021

Die am letzten Wochenende erhältliche Sushi-Box des Restaurants Sosein zeigte beeindruckend, dass Zubereitungsmethoden der japanischen Küche auf regionale Lebensmittel angewendet famose Ergebnisse erzielen können.

Die Bento-Box lässt sich wohl am besten als “Fränkisches Sushi” beschreiben, denn alle Zutaten stammten aus der Region und sind für die hiesige Küche typisch. Wenn also regionale Zutaten auf globale Zubereitungsmethoden treffen, so entstehen daraus im besten Fall neue Geschmäcker oder neue kulinarische Erfahrungen.

Rein visuell offenbart die Box den kolossalen Aufwand der Herstellung kaum. Ein Blick hinter die Kulissen.

Die Komponenten des fränkischen Sushi

Das Sushi besteht aus den zwei Teilen Sashimi und Chirashi. Beim Sashimi handelt es sich um aufgeschnittene Scheiben Fisch, beim Chirashi um eine “bunte Mischung” aus Fisch, verschiedenem Gemüse und Reis.

Das Sashimi bestand aus Rücken- und Bauchstücken von der Ike-Jime-geschlachteten Lachsforelle. Dazu kamen Stücke vom Karpfen, dem wohl fränkischsten aller Fische (die Gegend am Aischgrund ist bekannt für seine Fischwochen und gebackenen Karpfen).

Den Bauch vom Graskarpfen gab es hauchdünn aufgeschnitten, der Bauch vom Spiegelkarpfen wurde in Apfelessig gebeizt, wodurch sich eine graue Schicht entwickelte.

Der dazu gereichte Ingwer stammt ebenfalls aus der Region und war ein halbes Jahr süß-sauer eingelegt. Statt Wasabi wurde Meerrettich (die Gegend um Baiersdorf nördlich von Nürnberg ist eines der größten Meerrettich-Anbaugebiete) mit Kohlblättern zu einer Paste vermahlen.

Selbst gemachter Shoyu komplettierte das Sashimi und sorgte für eine mild-aromatische Würze.

Das Chirashi

Die Grundlage des Chirashi ist der “bayerische Reis”, bestehend aus einem Urkorn-Mix aus Emmer, Einkorn und Urdinkel. Dieser wird erst eingeweicht, dann gedämpft und anschließend mit Zierquittenessig und einem Morchel-Dashi mariniert. Buchweizenshoyu und Amazake sorgen für blumiges Umami-Aroma und einen floralen Geruch und Geschmack. Sensationell!

Amazake ist in seiner alkoholfreien Version mit Koji fermentierter und anschließend mit Wasser pürierter Reis, der aufgrund der enzymatischen Aktivität des Koji (Stärke wird in Zucker umgewandelt) leicht süß schmeckt. Diese Aromatik gibt dem bayerischen Reis sein vollmundiges Aroma und seine betörenden olfaktorischen Noten.

Genau genommen wurde ein eisfiltrierter Amazake benutzt. Genau wie bei der Herstellung von Eisbockbier fängt man den Abtropfsaft des gefrorenen Amazake auf, was einem Konzentrat des Ursprungsproduktes gleichkommt.

Auf dem bayerischen Reis richtete das Team um Thomas Prosiegel, dem Sous-Chef im Sosein, verschiedene Bestandteile an:

  • Salzzwetschgen, die in 4% Salz vakuumiert ein halbes Jahr im Kühlhaus lagerten
  • Süß in Läuterzucker eingelegte Zierquitte
  • In Dashi gekochte Sojabohnen aus lokalem Anbau
  • Eine Spirulina-Algen-Mayonnaise
  • Süß-sauer eingelegter Rettich
  • Roher und mit Shio-Koji fermentierter Kohlrabi (Sorte Superschmelz)
  • Mit Mais-Shoyu (selbst gemacht) imprägnierte Karotten
  • Getrocknete und in Stör-Dashi regenerierte Morcheln
  • Diverse Kräuter wie Meerfenchel, verschiedene Senfkohlsprossen und Kapuzinerkresse
  • Frittierte Leinsamen und Goldlein

Die Fische auf dem Chirashi bestanden aus Rückenstücken von Spiegel- und Graskarpfen sowie aus Störstücken, die mit Shoyu und Hot Lemon Tabasco mariniert und gebeizt würden.

Highlight auf dem Teller war für mich allerdings der in Spirulina-Algen-Miso marinierte und anschließend abgeflämmte Saibling.

Was ich von diesem Teller lerne

Einige der verwendeten Techniken sind zuhause nur mit großem Aufwand nachzustellen, manches lässt sich aber gut “abschauen” und übernehmen:

  • Amazake ist recht simpel herstellbar, wenn man über die nötigen technischen Hilfsmittel für die Koji-Herstellung verfügt. Mit Amazake werde ich – genau wie mit Shio-Koji – weiter experimentieren
  • Bayerischer Reis war bisher kein Bestandteil meiner Küche, wird es nach dieser Erfahrung aber sicher werden. Es lohnt sich, Reis oder anderes Getreide nicht nur in Salzwasser zu kochen sondern die Aromatik gezielt zu beeinflussen – sei es durch Dashi (was z. B. auch gut bei einer Beurre Blanc funktioniert) oder die Zugabe eines Fonds
  • Ingwer selbst einlegen ist echt kein Hexenwerk. Salzpflaumen werden auch Bestandteil meines “Kühlhauses”, also Kühlschranks…

Das Restaurant Sosein bietet die Sushi-Boxen immer wieder an – ein Blick auf die Webseite oder in den Instagram-Kanal lohnt sich.

Und für alle Nürnberger: das Restaurant Essigbrätlein hat für das nächste Wochenende ein Abhol-Menü im Angebot – das ist einen Blick wert!

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Die am letzten Wochenende erhältliche Sushi-Box des Restaurants Sosein zeigte beeindruckend, dass Zubereitungsmethoden der japanischen Küche auf regionale Lebensmittel angewendet famose Ergebnisse erzielen können.

Die Bento-Box lässt sich wohl am besten als “Fränkisches Sushi” beschreiben, denn alle Zutaten stammten aus der Region und sind für die hiesige Küche typisch. Wenn also regionale Zutaten auf globale Zubereitungsmethoden treffen, so entstehen daraus im besten Fall neue Geschmäcker oder neue kulinarische Erfahrungen.

Rein visuell offenbart die Box den kolossalen Aufwand der Herstellung kaum. Ein Blick hinter die Kulissen.

Die Komponenten des fränkischen Sushi

Das Sushi besteht aus den zwei Teilen Sashimi und Chirashi. Beim Sashimi handelt es sich um aufgeschnittene Scheiben Fisch, beim Chirashi um eine “bunte Mischung” aus Fisch, verschiedenem Gemüse und Reis.

Das Sashimi bestand aus Rücken- und Bauchstücken von der Ike-Jime-geschlachteten Lachsforelle. Dazu kamen Stücke vom Karpfen, dem wohl fränkischsten aller Fische (die Gegend am Aischgrund ist bekannt für seine Fischwochen und gebackenen Karpfen).

Den Bauch vom Graskarpfen gab es hauchdünn aufgeschnitten, der Bauch vom Spiegelkarpfen wurde in Apfelessig gebeizt, wodurch sich eine graue Schicht entwickelte.

Der dazu gereichte Ingwer stammt ebenfalls aus der Region und war ein halbes Jahr süß-sauer eingelegt. Statt Wasabi wurde Meerrettich (die Gegend um Baiersdorf nördlich von Nürnberg ist eines der größten Meerrettich-Anbaugebiete) mit Kohlblättern zu einer Paste vermahlen.

Selbst gemachter Shoyu komplettierte das Sashimi und sorgte für eine mild-aromatische Würze.

Das Chirashi

Die Grundlage des Chirashi ist der “bayerische Reis”, bestehend aus einem Urkorn-Mix aus Emmer, Einkorn und Urdinkel. Dieser wird erst eingeweicht, dann gedämpft und anschließend mit Zierquittenessig und einem Morchel-Dashi mariniert. Buchweizenshoyu und Amazake sorgen für blumiges Umami-Aroma und einen floralen Geruch und Geschmack. Sensationell!

Amazake ist in seiner alkoholfreien Version mit Koji fermentierter und anschließend mit Wasser pürierter Reis, der aufgrund der enzymatischen Aktivität des Koji (Stärke wird in Zucker umgewandelt) leicht süß schmeckt. Diese Aromatik gibt dem bayerischen Reis sein vollmundiges Aroma und seine betörenden olfaktorischen Noten.

Genau genommen wurde ein eisfiltrierter Amazake benutzt. Genau wie bei der Herstellung von Eisbockbier fängt man den Abtropfsaft des gefrorenen Amazake auf, was einem Konzentrat des Ursprungsproduktes gleichkommt.

Auf dem bayerischen Reis richtete das Team um Thomas Prosiegel, dem Sous-Chef im Sosein, verschiedene Bestandteile an:

  • Salzzwetschgen, die in 4% Salz vakuumiert ein halbes Jahr im Kühlhaus lagerten
  • Süß in Läuterzucker eingelegte Zierquitte
  • In Dashi gekochte Sojabohnen aus lokalem Anbau
  • Eine Spirulina-Algen-Mayonnaise
  • Süß-sauer eingelegter Rettich
  • Roher und mit Shio-Koji fermentierter Kohlrabi (Sorte Superschmelz)
  • Mit Mais-Shoyu (selbst gemacht) imprägnierte Karotten
  • Getrocknete und in Stör-Dashi regenerierte Morcheln
  • Diverse Kräuter wie Meerfenchel, verschiedene Senfkohlsprossen und Kapuzinerkresse
  • Frittierte Leinsamen und Goldlein

Die Fische auf dem Chirashi bestanden aus Rückenstücken von Spiegel- und Graskarpfen sowie aus Störstücken, die mit Shoyu und Hot Lemon Tabasco mariniert und gebeizt würden.

Highlight auf dem Teller war für mich allerdings der in Spirulina-Algen-Miso marinierte und anschließend abgeflämmte Saibling.

Was ich von diesem Teller lerne

Einige der verwendeten Techniken sind zuhause nur mit großem Aufwand nachzustellen, manches lässt sich aber gut “abschauen” und übernehmen:

  • Amazake ist recht simpel herstellbar, wenn man über die nötigen technischen Hilfsmittel für die Koji-Herstellung verfügt. Mit Amazake werde ich – genau wie mit Shio-Koji – weiter experimentieren
  • Bayerischer Reis war bisher kein Bestandteil meiner Küche, wird es nach dieser Erfahrung aber sicher werden. Es lohnt sich, Reis oder anderes Getreide nicht nur in Salzwasser zu kochen sondern die Aromatik gezielt zu beeinflussen – sei es durch Dashi (was z. B. auch gut bei einer Beurre Blanc funktioniert) oder die Zugabe eines Fonds
  • Ingwer selbst einlegen ist echt kein Hexenwerk. Salzpflaumen werden auch Bestandteil meines “Kühlhauses”, also Kühlschranks…

Das Restaurant Sosein bietet die Sushi-Boxen immer wieder an – ein Blick auf die Webseite oder in den Instagram-Kanal lohnt sich.

Und für alle Nürnberger: das Restaurant Essigbrätlein hat für das nächste Wochenende ein Abhol-Menü im Angebot – das ist einen Blick wert!

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5 Comments

  1. Milly Bachelin 8. Februar 2021 at 17:12 - Reply

    Bin begeistert, gibt es auch Rezepte?

    • Uwe Spitzmüller 11. Februar 2021 at 08:33 - Reply

      Hallo Milly, dazu habe ich leider keine Rezepte, ist ja die kreative Leistung des Teams im Sosein.

  2. Juergen Huth 8. Februar 2021 at 17:41 - Reply

    Als Liebhaber der japanischen Küche läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Sehr kreativ und garantiert unglaublich im Geschmack, eine perfekte Komposition aus veredelten heimischen Zutaten, grandios!
    Wo bekommt man denn die Köstlichkeiten?
    Gruss
    Jürgen

    • Uwe Spitzmüller 11. Februar 2021 at 08:34 - Reply

      Hallo Jürgen, im Sosein-Shop (erreichbar über die Sosein-Webseite). Das Sushi ist ein zeitlich begrenztes Angebot und nicht immer verfügbar. Am einfachsten ist es, dem Restaurant über Instagram zu folgen, dort bekommt man die Ankündigungen recht leicht mit.

  3. Gerhard 23. März 2021 at 14:34 - Reply

    Leider macht das Sosein coronabedingt nun auch dicht (bzw wird es in der jetzigen Form nicht mehr geben). Sehr, sehr schade, ein großer Verlust für die Lokallandschaft. Was auch immer Felix Schneider machen wird, in der angekündigten Selbstständigkeit wird es dasselbe wohl nicht (mehr) geben. Du hast keine näheren Infos dazu, Uwe?

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